Dinslaken Plötzlich ist die Hölle los

Dinslaken · Das Kabarett-Quintett Restkultur ging zur Waldorf-Schule und fand sich "verkehrt mittendrin" zwischen Schulbus und Arbeitssamstag.

 Laut und manchmal ganz schön böse: Die Damen und Herren des Kabarett-Quintetts "Restkultur" ließen es in der Waldorfschule krachen.

Laut und manchmal ganz schön böse: Die Damen und Herren des Kabarett-Quintetts "Restkultur" ließen es in der Waldorfschule krachen.

Foto: Kai Dauvermann

Es sind Insider-Gags: Wann immer die Mitglieder der Restkultur am Samstag in der Aula der Freien Waldorfschule Dinslaken ein Rätsel-Szenario mit dem Satz "Die Hölle ist los" begannen, wusste das Publikum, dass es aufgefordert war, einen Begriff aus dem Schulalltag zu erraten: Adventsfeiern, Arbeitssamstage, Elternsprechtag, Schulbüro. Manches ist wohl bei allen Schulformen gleich, anderes ist Waldorf-spezifisch. Das Engagement der Eltern beispielsweise. Was nicht nur zu einen "Schwarzmarkt" um Arbeitsstunden führt - so die Restkultur, sondern unter Umständen auch zu Stunden bester Kabarett-Unterhaltung.

Thomas und Bettina Hecker von der Restkultur sind Waldorf-Eltern, Gitarrist und Klarinettist Ingo Borgardts gibt Instrumentalunterricht in den Bläserklassen. Zusammen mit Herbert Menzel und Aurora Peters zeigten sie zum zweiten Mal ein um Schulthemen bereichertes Restkultur-Programm, um Spenden für "Vom Leben lernen" zu sammeln.

Es sind die Schülerinnen und Schüler, die in diesem Restkulturprogramm ihr Fett wegkriegen. Während sich der Schulbus fühlt, wähnt der Fahrer die Welt draußen Stück für Stück schöner. Und die Smartphones der Waldorfkinder mögen zwar aus Holz sein, aber das bedeutet nicht, dass sie auch eine Sekunde in Ruhe verharren.

Eine Gelegenheit für die Restkultur, eine der besten Nummern ihres Programms "Verkehrt mitten drin" auf die Bühne zu bringen. Hecker, Hecker, Menzel als Babys chatten und daddeln mit ihren Smartphones, dass es in ihren Kinderwagen blinkt und flimmert wie in der Disko. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm: "Ich muss wischen um die ganze Welt" singt die Mutti das Schlaflied für die Kleinen - und wischen bedeutet natürlich nicht putzen, sondern die Fingerbewegung auf dem Handy-Display. Später wird Thomas Hecker am Klavier als heranwachsender Sohn um die Zuwendung seines Vaters flehen - und es wird still im Saal.

Eine Soziologie der Wörter mit dem Restkultur-Etymologen "Prof. Hagen Nussbaum", ein vom Publikum allerdings begeistert gefeiertes "Jetzt singt sie auch noch" von der unmöglichen "Stadtkünstlerin Heidi Schmidt Tauberstadt". Und dazwischen aktuelles Polit-Kabarett, Pegida-Parolen ("Hauptsache die Fresse auf"), Flüchtlinge auf der Suche nach Wohnraum, "Kluft-Optimierung", besser bekannt als Fracking. Warum läppert es sich immer mehr zusammen, dass es zwischen und Merkel und Seehofer hapert? Weil es die deutsche Sprache nicht zulässt, das Merkel und Seehofer selber hapern oder läppern können. "Es" hapert, "es" läppert. So wie das Gegenteil eines Fürworts nicht das Widerwort ist.

Es wird viel gelacht an diesem Abend. Über den analogen Datenträger Buch und über die Nispa, was keine Abkürzung für "Nie-Spar" ist in dieser Stadt, die bekannt ist, weil jemand hier demnächst nicht mehr wohnt.

Applaus und Fußtrampeln, das der Aulaboden bebte.

(bes)
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