Serie Stadtführungen Ortsgeschichte mit Blick auf die Frauen

Dinslaken · Unter dem Motto "Auf den Spuren der Dinslakener Frauen" bietet der Geschichtskreis einen speziellen Rundgang an.

 Den Rundgang durch die Geschichte der Frauen startete Marianne Lauhof (vorne links) im Burginnenhof.

Den Rundgang durch die Geschichte der Frauen startete Marianne Lauhof (vorne links) im Burginnenhof.

Foto: Büttner

Dinslaken Im Burginnenhof startet der Spaziergang in die Frauengeschichte der Stadt. "Die offizielle Geschichtsschreibung blendet die Frauen gerne aus", sagt Marianne Lauhof. Die ehemalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Dinslaken begrüßt die Teilnehmer der Führung, die sich auf die Spuren der Dinslakener Frauen begeben wollen. "Der Frauengeschichtskreis Dinslaken besteht seit 21 Jahren und möchte die Geschichte der Frauen sichtbar machen", erzählt sie weiter.

Das beginnt mit der Geschichte von Ulanth Dammartz, die Renate Seelisch-Schmitz erzählt. Die der Hexerei verdächtigte junge Frau hatte über Jahre im Dinslakener Verlies gesessen. "Der Prozess gegen sie zog sich sehr lange hin", verrät Renate Seelisch-Schmitz. Die junge Frau wurde während dieser Zeit anscheinend vergewaltigt und sogar schwanger. Erst nach Eingreifen des Kaisers 1521 beschleunigte man das Verfahren. "Anscheinend überlebte Ulanth Dammertz. Man kann nur hoffen, dass sie das Ende ihres Lebens genossen hat", sagt Renate Seelisch-Schmitz.

Danach geht es zur Klosterstraße, wo Monika Fuchs bereits auf die Teilnehmer der Stadtführung wartet, um ihnen etwas über das Kloster zu erzählen, dass einst hier stand. Bis zu 60 Augustinerinnen lebten auf dem großen Klostergelände, an das heute nur noch der Straßenname und eine Geschichtstafel erinnern. Die scheinen zumindest schon im 16. Jahrhundert ihre Vorstellungen klar durchgesetzt zu haben. So brach 1571 der zuständige Prior seine Visitation im Kloster ab, da die Nonnen, von ihm als "rebellische Jungfern" bezeichnet, seinen Anweisungen nicht folgen wollten. Gelächter bei den Tourteilnehmern.

Eine richtige Erfolgsgeschichte hat Heidrun Grießer, Inhaberin der Lichtburg, für die Führungsteilnehmer parat. Ihre Großmutter Helene Trenthammer nutzte, während ihr Mann im Ersten Weltkrieg kämpfte, den Saal ihres Hotels "Reichskrone" an der Neustraße für Filmvorführungen. "Sie hatte auf dem Flohmarkt eine Kurbelkiste erstanden, über die man die Filme abspielen konnte", erzählt Heidrun Grießer. 1921 eröffnete die Familie dann an der Wallstraße das "Moderne Theater" mit 600 Plätzen, das neben Kinovorstellungen auch eine Bühne für Konzerte und Theatervorstellungen hatte. Ihre Mutter Elisabeth baute schließlich die "Lichtburg" auf, die später dann Heidrun Grießer und jetzt ihre Tochter als Familienunternehmen weiterführten.

Von der Wallstraße geht es auf die Neustraße. Denn hier hatte Maria Sander-Domagala früher ein Sportgeschäft. Bekannt wurde die Dinslakenerin allerdings durch den Sport: "Wenn sie über eine Bahn sprintete, dann war sie wie eine Lokomotive", berichtet Erika Woock. Bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki gewann die Läuferin aus Dinslaken eine Bronzemedaille über 80-Meter-Hürden und sicherte sich mit der vier Mal 100-Meter-Staffel die Silbermedaille. Dazu kamen zahlreiche Deutsche Meisterschaftstitel und Medaillen bei Europameisterschaften, zum Beispiel 1954 eine Silbermedaille im Fünfkampf.

Ein wenig düsterer wird der Blick in die Frauengeschichte an der Neutorgalerie. Hier berichtet Marianne Lauhof aus dem Leben von Jeanette Wolff, nach der hier der Platz vor dem Seiteneingang des Einkaufszentrums benannt ist. Als Jüdin und Sozialistin hatte ihre Familie unter den Nazis zu leiden, wurde in Dinslaken in Schutzhaft genommen und landete schließlich im Konzentrationslager. "Dort nutzte sie ihre Fettration als Hautcreme, um nicht alt auszusehen und getötet zu werden", berichtet Marianne Lauhof .

Am Rutenwall erzählt Anja Sommer schließlich die Geschichte der Kartoffelmädchen. Während der Märzunruhen im Jahr 1920 wollten einige junge Frauen aus der Stadt für die Rotarmisten Kartoffeln schälen. Entweder am Rutenwall oder in Richtung Bahnhof, die Quellen sind sich uneins, fanden diese jungen Frauen den Tod. "Sie wurden auf einen Karren geschafft, in die Stadt gefahren und hingerichtet", erzählt Anja Sommer. Ein wichtiger Erinnerungspunkt auf dem Spaziergang durch die Geschichte der Dinslakener Frauen, der beim gemeinsamen Abschluss im Café Kostbar in der Altstadt endet.

(fla)
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