Dinslaken Michael Schreiber prüft seit 30 Jahren Azubis

Dinslaken · Der Dinslakener war Berufsschullehrer und seit 1982 ehrenamtlich im Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer tätig.

 Michael Schreiber ist jetzt aus dem IHK-Prüfungsausschuss ausgeschieden.

Michael Schreiber ist jetzt aus dem IHK-Prüfungsausschuss ausgeschieden.

Foto: Martin Büttner

Michael Schreiber hat selbst genug Erfahrungen während des Abiturs und im Studium gesammelt, um genau zu wissen, wie es jemandem vor einer mündlichen Prüfung ergeht. Als der 64-Jährige selbst zum Prüfer wurde, versuchte er deshalb immer bevor es ernst wurde, eine positive Stimmung im Raum zu verbreiten. "Man kann sich persönlich mit Namen vorstellen, Blumen auf den Tisch stellen oder ein Glas Wasser anbieten. Aber eine ernste Miene macht es dem Prüfling bestimmt nicht leichter", erzählt der Dinslakener.

Schreiber ist einer von 110 Prüfern, die für viele Jahre ehrenamtliches Engagement in den Ausschüssen der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK) geehrt wurden. Der 64-Jährige war neben seinem Beruf als Lehrer - er unterrichtete Wirtschaftswissenschaften und Geschichte am Berufskolleg Dinslaken - seit 1982 im Prüfungsausschuss Verkäufer/Kaufleute in Einzelhandel/Lebensmittel zunächst als Prüfer, später auch als Prüfungsausschussvorsitzender tätig.

"Als ich damals gefragt wurde, ob ich die Aufgabe als Prüfer übernehmen würde, gab es für mich gar keine Diskussion. Sie ist keine Pflicht, aber für mich gehört sie dazu. Wenn man live miterlebt, wie Steine nach einer bestandenen Prüfung von Herzen purzeln oder man jungen Menschen zu einem weiteren Schritt ihres beruflichen Werdegangs als erster per Handschlag gratulieren darf, freut man sich mit. Es war eine schöne Zeit, die viel Spaß gemacht hat", blickt der 64-Jährige zurück auf den Posten, den er nun geräumt hat. Denn durch seine Pensionierung im Frühjahr schied er auch aus dem Prüfungsausschuss aus. Die Erinnerungen jedoch bleiben. Zum Beispiel daran, dass es in der dreiköpfigen Prüfungskommission nur selten zu Meinungsverschiedenheiten gekommen sei. Und dass vor allem die Discounter sehr gut ausbilden, ehemalige Schüler nun in Betrieben Filialleiterstellen übernommen haben.

Dann treffen Prüfer und Prüfling auch noch einmal aufeinander: "Ich war einmal einkaufen. Da sieht mich ein alter Schüler und ruft durch den ganzen Laden, dass ich als sein ehemaliger Lehrer das Doppelte bezahlen müsse", berichtet Schreiber und lacht.

Er erzählt aber auch davon, dass der Prüfungsaufwand in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen ist und dass der Onlineverkauf Gefahren für den Einzelhandel birgt.

Frank Wittig, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses, würdigte in seiner Festrede den selbstlosen Einsatz aller ehrenamtlich Tätigen: "Wir müssen in der Öffentlichkeit immer wieder deutlich machen, dass Leistungsträger aus Unternehmen und Berufskollegs bereit sind, sich in so hohem Maße ehrenamtlich für die berufliche Bildung einzusetzen."

Zurzeit engagieren sich knapp 2000 Ehrenamtliche - überwiegend Unternehmer, Führungs- und Fachkräfte aus Betrieben sowie Lehrer der Berufskollegs aus Duisburg und den Kreisen Wesel und Kleve - in den rund 170 Prüfungsausschüssen. Mit Blick auf die aktuelle Fachkräftediskussion wies Wittig darauf hin, dass das duale System nicht nur ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der deutschen Wirtschaft, sondern auch ein wesentlicher Grund für die relativ niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland sei.

"Und schließlich sichern Prüfungen der Industrie- und Handelskammern den qualifizierten Fachkräftenachwuchs in den Unternehmen. Deshalb nehmen sie vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ebenfalls eine Schlüsselrolle in der Fachkräftediskussion ein."

(gaa)
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