Voerde Luther in Linsen, Reis und Kaffeebohnen

Voerde · In der Kirche Sankt Peter Spellen gibt es derzeit ein besonderes Kunstwerk zu bewundern. Zum 500. Jubiläum der Reformation ist hier ein Bild von Martin Luther in der Wartburg zu sehen und zwar in Form eines Früchteteppichs.

 Luther in seinem Zimmer auf der Wartburg: Ingrid Parlow-Maletzki hat für den Früchteteppich in Sankt Peter drei Entwürfe gefertigt.

Luther in seinem Zimmer auf der Wartburg: Ingrid Parlow-Maletzki hat für den Früchteteppich in Sankt Peter drei Entwürfe gefertigt.

Foto: Martin Büttner

Im linken Seitenschiff der katholischen Kirche Sankt Peter im Rheindorf Spellen tummelt sich eine kleine Besuchergruppe. Die Blicke sind auf den Boden gerichtet und man kommentiert staunend das, was es hier, hinter einer Absperrung zu sehen gibt. Wenn man nicht wüsste, dass es sich hier um ein Kunstwerk aus Lebensmitteln handelt, könnte man annehmen, hier wäre ein etwas seltsam gewebter Teppich ausgelegt worden. Tatsächlich aber liegen hier rote Linsen, Kaffeebohnen, Zucker und diverse Reissorten vor den Augen der Betrachter am Boden.

 Es muss nicht immer Ölfarbe sein: Das Luther-Kunstwerk entstand aus Reis, schwarzen Bohnen, roten Linsen, Zucker und Rapssamen.

Es muss nicht immer Ölfarbe sein: Das Luther-Kunstwerk entstand aus Reis, schwarzen Bohnen, roten Linsen, Zucker und Rapssamen.

Foto: Büttner Martin

Dargestellt ist Reformator Martin Luther in seinem Zimmer in der Wartburg. "Ich hatte drei verschiedene Entwürfe gemacht", erklärt Ingrid Parlow-Maletzki, die das Lutherbild entworfen hat. Am Ende entschied man sich in der zuständigen Gruppe für das Bild von Luther in der Wartburg. Groß steht der Vater der Reformation im Vordergrund des Bildes, eine Bibel in der Hand. Hinter ihm der Schreibtisch mitsamt dem bekannten Tintenfass. "Einige haben gefragt, wo der Tintenfleck ist. Den habe ich dann noch in die Beschriftung eingearbeitet", berichtet Ingrid Parlow-Maletzki.

Aber Luther in einer katholischen Kirche? "Das sorgt auch immer direkt für Gesprächsstoff, wenn Besucher kommen, um sich den Früchteteppich anzusehen", erzählt Küsterin Irmgard Jordans. Allerdings haben auch Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde im Rheindorf beim Erstellen des Bildes mitgeholfen. "Außerdem sind wir heute doch in Sachen Ökumene schon sehr weit", sagt Ingrid Parlow-Maletzki. Und die Hilfe war auch nötig, denn das Erstellen des Früchteteppichs war alles andere als eine leichte Aufgabe. Vom 29. August bis zum 7. September haben Spellener Frauen in der Kirche an dem Kunstwerk gearbeitet. "Die feineren Konturen haben wir aus Rapssamen gestaltet, die teilweise einzeln mit einer Pinzette platziert wurden", erklärt Ingrid Parlow-Maletzki.

Sie war dabei selbst immer vor Ort, um das Bild im Entstehen immer weiter auszuarbeiten und auch um Arbeiten vorzubereiten. "Wir haben mit Luther angefangen und das übrige Bild hat sich dann um ihn herum entwickelt", schildert sie den Entstehungsprozess. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Luthers Arbeitszimmer in der Wartburg haben die Frauen mit den unterschiedlichen Früchten nachgebildet. Holzboden, Fachwerk an den Wänden und ein grün leuchtendes Fenster aus gespaltenen Erbsen. "Das sieht nicht so aus wie auf der Wartburg. Da habe ich mir etwas künstlerische Freiheit gelassen", kommentiert Ingrid Parlow-Maletzki. Das gilt auch für Spinne und Maus, die ebenfalls im Bild zu sehen sind. "Ich habe einige Kinder gefragt, die hier waren, ob sie auch Tiere im Bild haben möchten", berichtet Ingrid Parlow-Maletzki. "Die Maus fanden alle gut, die Spinne eher weniger." Trotzdem finden sich nun beide auf dem Früchteteppich in der Kirche wieder.

Dabei ist auch die Dekoration des eigentlichen Bildes schon ein kleines, aufwendiges Kunstwerk. Sie besteht aus einer Lichterkette, verziert mit Lampions, die aus Physalishüllen geformt sind. "Wir haben die Lichterkette quer durch die Kirche aufgespannt und dann jede einzelne Birne mit so einem Lampion versehen", berichtet Ingrid Parlow-Maletzki.

Die so angefertigte Beleuchtung dann rund um den Teppich zu drapieren, war noch einmal eine ganze besondere Aufgabe. Die mühevolle Arbeit hat sich in zweifacher Hinsicht gelohnt: Zum einen sorgt diese Beleuchtung in der Ecke der Kirche für eine ganz besondere Atmosphäre, und zum anderen lockt der Früchteteppich von Spellen Besucher von weit jenseits der Grenzen des Rheindorfs an. "Wir hatten schon Besucher aus Dinslaken, Hünxe, Wesel und Duisburg hier, die sich das angeschaut haben", berichtet Ingrid Parlow-Maletzki.

Die Vorbereitungszeit für den Früchteteppich dauerte einige Monate. "Man fängt, wenn man so etwas im Kopf hat, schon sehr früh an, Früchte zu sammeln oder zu trocknen, um dann eine Art Farbkasten zu haben", erklärt Ingrid Parlow-Maletzki.

Für die Blautöne im Bild nutzte sie auch mit Lebensmittelfarbe eingefärbten Reis. "Blautöne lassen sich mit Früchten nur schwer abbilden", erklärt sie. Ansonsten ist hier aber alles Natur pur und wird auch noch weiter verwertet.

Bis Mitte November ist der Früchteteppich täglich zwischen 15 und 17 Uhr in der Kirche Sankt Peter Spellen zu sehen. Neben dem eigentlichen Kunstwerk gibt es auch die verwendeten Materialien in kleinen Glasgefäßen zu sehen und dazu eine Fotodokumentation, die den Entstehungsprozess des Früchteteppichs zeigt.

(fla)
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