Voerde Leitkuh auf der Weide ist die "schöne Berta"

Voerde · Jörg Spellekens Galloway-Herde ist Teil eines Nabu-Natuschutzprojekts. Die schottischen Rinder halten den Bewuchs immer flach.

 Die Galloway-Rinder von Jörg Spelleken aus Löhnen sind das ganze Jahr über draußen.

Die Galloway-Rinder von Jörg Spelleken aus Löhnen sind das ganze Jahr über draußen.

Foto: Lars Fröhlich

Sie hat dunkle Locken, eine Stupsnase, ein sanftes Gemüt - ihr Name ist Programm: Nicht einfach "Berta" sondern "Die schöne Berta" ist nicht irgendein ein Rindvieh. Sondern die Leitkuh einer kleinen Galloway-Herde, die auf einer großen Weide in Löhnen lebt und Teil eines Nabu-Naturschutzprojekts ist. Die fünf Tiere gehören Jörg Spelleken, die 1,5 Hektar große Fläche gehört zum Streuobstprojekt des Naturschutzbundes (Nabu), der dort 250 Obstbäume mit alten Sorten hegt.

Der Nabu übernimmt die Baumpflege, die Galloways die Landschaftspflege - und sehen dabei noch ungemein gut aus. Vor allem natürlich die "schöne Berta". Seit 25 Jahren schon hält der Voerder Goldschmied Jörg Spelleken eine kleine, feine Herde auf der Weide vor seinem Haus - eine Idee seiner Mutter. "Schließlich ist das ein Hof", erklärt der Hausherr schlicht und weist auf das - eigenhändig renovierte - Anwesen. Vier schwarze und ein blonder Lockenkopf ("Blondie") drängeln sich hinter dem Gatter - Spelleken hat Äpfel dabei, ausnahmsweise, um dem Fotografen die Arbeit zu erleichtern. Ansonsten gibt es nur im Winter zusätzliches Heu - die schottischen Rinder sind besonders genügsam. Und robust. Die Tiere sind das ganze Jahr über draußen - im Sommer wird ein Teil der Obstflächen abgetrennt. An manchen Wintermorgen "lagen sie sogar unterm Schnee", erinnert sich Spelleken. Bei dem dicken Fell kein Problem. In den muckeligen Stall gehen sie nur bei starkem Regen - "und Hitze", wie Franz Wilhelm Ingenhorst (Nabu) ergänzt. Einen "Hotspot der Biodiversität" nennt er die Fläche, "in dieser Größe fast einmalig in Nordrhein-Westfalen". 250 Bäume mit alten Obstsorten - Äpfel, Birnen, Zwetschgen - wachsen auf der großen Fläche. Oder sie altern in Würde.

Ingenhorst zeigt auf einen abgestorbenen Ast: Wenn er herausgebrochen ist, bildet sich hier eine Baumhöhle und damit Lebensraum etwa für den Steinkauz. Allerdings hilft die schönste Höhle nicht, wenn das Käuzchen nichts zu essen findet. "Der Steinkauz braucht kurzrasiges Grünland", erläutert Ingenhorst. Und weil die Galloways den Bewuchs immer hübsch flach halten - anders als manche andere Rindersorte fressen sie auch Disteln — finden die Steinkäuzchen reichlich Mäuse und Würmer. Die abgestorbenen Bäume sind ein gefundenes Fressen für viele Insekten, an heruntergefallenen Zwetschgen laben sich Schmetterlinge. Mit 400 Kilo Gewicht sind seine fünf Rinderdamen "recht leicht", findet Spelleken - ein Vorteil, weil sie den Boden kaum zertreten. Nur wenn der Tierarzt einmal im Jahr das Blut der Tiere untersuchen muss, sind 400 Kilo eher unhandlich. "Die Tiere sind halbwild," erklärt Spelleken. Sie lassen sich nicht gerne in die Enge treiben "und stellen sich dann im Kreis auf, bilden einen Abwehrring wie früher die Römer", lacht er. Auch, wenn eine Tüte Äpfel im Spiel und man selbst auf der Weide ist, kommt einem "leicht" relativ vor. Eine feuchte Rindernase kommt nah und näher, schnuppert an der Jacke. Am allerliebsten, so scheint's, würde "Die schöne Berta" in Spellekens Westentasche steigen. "Die ist total lieb und sehr zutraulich", schwärmt Spelleken von seinem Liebling und krault das Fellgesicht. Außerdem ist sie ein Bild von einer Rinderdame: Nase, Rücken, Beine, optimal geformt - und "gucken Sie mal, wie die sich bewegt", begeistert sich der 53-Jährige.

Einfach schön eben.

(RP)
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