Analyse Kuno Rosenduft – Odyssee eines Überlebenden

Dinslaken · Hintergrund Er wohnte im Israelitischen Waisenhaus in Dinslaken. Und er hat die Konzentrationslager Auschwitz, Groß-Rosen, Buchenwald und Flossenbürg überlebt. Am Vormittag des 23. April 1945 wurde er dort von den heranrückenden amerikanischen Truppen befreit.

Am 27. Januar 2014 jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 69. Mal, außerdem ist dieser Tag seit 1996 in Deutschland und seit 2005 internationaler Gedenktag. Ein guter Anlass, um auf das Schicksal eines weiteren Bewohners des israelitischen Waisenhauses in Dinslaken aufmerksam zu machen.

Kuno Rosenduft wurde am 7. Mai 1926 in Köln geboren. Seine Eltern waren die Arbeiterin Rosa Rosenduft geborene Friedländer und der Schlosser Moses Rosenduft. Kuno hatte noch drei Geschwister: Klara, geboren 1920, Gustav, geboren 1923 und Betty, die 1928 auf die Welt kam. Gemeinsam lebte die sechsköpfige Familie an der Engelbertstraße, im Süden der Kölner Neustadt. Vom November 1936 bis September 1937 lebte Kuno im jüdischen Waisenhaus Dinslaken.

Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Wahrscheinlich ist, dass die Eltern nicht mehr in der Lage waren, alle vier Kinder ausreichend zu versorgen. Mit den beiden jüngsten Kindern flohen die Rosendufts 1939 nach Belgien. Gustav gelangte nach Großbritannien. Ob und wohin Klara floh, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Kuno erreichte mit seinem Vater am 15. Juli 1939 Antwerpen, die Mutter und die Schwester Betty folgten ihnen drei Wochen später.

Die Wehrmacht überfiel im Frühjahr 1940 das neutrale Belgien. Die neuen Machthaber ordneten an, dass sich die jüdische Minderheit in Belgien registrieren lassen musste. Ab dem Sommer 1942 begannen die Massendeportationen aus Belgien in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Den registrierten Juden wurde ein "Arbeitseinsatzbefehl" zugestellt, der besagte, dass sie sich in der Kazerne Dossin/Malines, einzufinden hätten. Von dort würde ihre Verschickung zwecks ihres "Arbeitseinsatzes" in den Osten erfolgen.

Moses Rosenduft kam dieser Aufforderung nach und erschien am 6. August 1942 freiwillig in Malines. Wenige Tage später gelangte er mit dem ersten Deportationszug von Belgien nach Auschwitz. Die vierzehnjährige Betty Rosenduft wurde wenig später verhaftet und am 26. September 1942 ohne ihre Mutter und den Bruder in einem weiteren Deportationszug nach Auschwitz verschleppt. Kuno Rosenduft und seine Mutter Rosa verhafteten die Deutschen während einer Razzia am 1. Oktober 1942 in Lüttich. Sie wurden in der Zitadelle von Lüttich interniert und am 10. Oktober 1942 von der Kazerne Dossin aus nach Auschwitz deportiert.

In Cosel, etwa 80 Kilometer vor Auschwitz, wurde der Zug gestoppt. Junge, arbeitsfähige Männer wurden für die Zwangsarbeit ausgesucht. Zu ihnen gehörte auch Kuno. Seine Mutter wurde nach Auschwitz gebracht. Von ihr, dem Vater und der Schwester hörte Kuno nie wieder. In einem Außenlager des Konzentrationslagers Auschwitz, Otmuth, wurde ihm die Nummer A 5704 auf den Unterarm tätowiert. Dort blieb er bis Februar 1943, danach wurde er in das "Reichsautobahnlager" Gogolin eingewiesen, in dem er bis zum Januar 1944 blieb. Dann musste er in Blechhammer, einem großen Außenlager von Auschwitz, für die Deutschen arbeiten.

Wegen des Heranrückens der Roten Armee entschloss sich die Lagerleitung von Auschwitz im Januar 1945, die Häftlinge in das Konzentrationslager Groß-Rosen zu verlegen. Am 21. Januar begann die "Evakuierung" der Häftlinge von Blechhammer. Vor dem "Evakuierungsmarsch" bekamen sie von der Lagerleitung je ein halbes Brot, ein wenig Margarine und Kunsthonig sowie eine Scheibe Wurst ausgehändigt. Bis zum Erreichen von Groß-Rosen am 2. Februar erhielten sie keine weitere Verpflegung.

Groß-Rosen wurde im Februar 1945 zum wichtigsten Transit- und Auffanglager für die Häftlinge aus Auschwitz und seinen Nebenlagern. Von dort wurden etwa 6000 Häftlinge in das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar "evakuiert" — eine Odyssee bei bitterer Kälte in völlig überfüllten Viehwaggons. Zu den Häftlingen gehörte auch Kuno Rosenduft. Am 10. Februar in Buchenwald angekommen, erhielt er die Häftlingsnummer 125 994. Zu einem nicht zu bestimmenden Zeitpunkt wurde er erneut "auf Transport" gesetzt. Laut eigenen Angaben erreichte er das Konzentrationslager Flossenbürg/Oberpfalz noch im Februar 1945. Im Chaos der letzten Wochen des Krieges registrierte die SS dort nicht mehr alle neuangekommenen Häftlinge — er blieb der Häftling Nr. 125 994 aus Buchenwald.

Am 16. April 1945 wurden die jüdischen Häftlinge erneut in Marschkolonnen aufgestellt und nach Süden getrieben. Sie sollten den heranrückenden amerikanischen Truppen keinesfalls in die Hände fallen. Am Vormittag des 23. April 1945 erreichten motorisierte Patrouillen der amerikanischen Armee das Konzentrationslager Flossenbürg. Sie wurden von etwa 1600 zurückgebliebenen, nicht mehr marschfähigen und völlig entkräfteten Häftlingen erwartet. Zu ihnen gehörte Kuno Rosenduft — seine Nachkriegsangaben lassen die Vermutung zu, dass er sich vor den SS-Wachmannschaften verstecken konnte.

Am 30. Mai wurde er in das nahe gelegene amerikanische Militärkrankenhaus in Weiden verlegt, das besser ausgestattet war als das von den Amerikanern in Flossenbürg errichtete Lazarett.

Mitte Juni 1945 war er wieder in Belgien. Nach der Gründung des Staates Israel wanderte er dorthin aus. Einige Jahre später kehrte er jedoch in seine Heimatstadt Köln zurück. Im Januar 1958 emigrierte er in die USA. Dort starb er achtzigjährig im Jahr 2006.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort