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Dinslaken Jazz-Rendezvous nach Ladenschluss

Dinslaken · Die Formation ufermann und die Sängerin Hayat Chaoui beeindrucken in der Stadtkirche.

"Die Sonne scheint über allen Menschen" heißt es bei Shakespeare. Aber auch der Mond geht gleichermaßen über allen auf. "Der Mond ist aufgegangen" in der Vertonung von Schulz ist seit 1790 in Deutschland Allgemeingut. Mit der gleichen Textzeile beginnt auch ein Lied, das in Marokko jeder kennt, eines der ältesten bekannten Melodien in der arabischen Welt. Das Wunderbare: beide Lieder lassen sich mit etwas jazzigem Geschick kombinieren. Und so kam es in einem begegnungsreichen "Sommerrendezvous nach Ladenschluss" in der Evangelischen Stadtkirche zum Zusammenklang beider Mondlieder. Gesungen von Hayat Chaoui mit ihrem wundervollen klassisch ausgebildeten Sopran und gespielt von ufermann, der Jazzformation um den Musiker und Pfarrer Erhard Ufermann aus Wuppertal.

"Salam" lässt den interreligiösen Dialog mit traditionellen und neu aufgejazzten Klangfarben aufleuchten. Ein musikalisches Konzept, das in der Worldmusic kaum besonders betont werden müsste, das allerdings im gesellschaftspolitischen Alltag zunehmend an Bedeutung gewinnt. "Ist der Dialog der Kulturen gescheitert", fragte Ufermann zu Beginn des Abends in der Evangelischen Stadtkirche, "oder ist die Kultur des Dialoges gescheitert?"

"Am Ende war Schweigen" malte er ein düsteres Szenario für das 21. Jahrhundert, dem bereits in den 80er Jahren ein "Krieg der Kulturen" vorausgesagt wurde. Und dann beweisen seine Jazzer und die strahlende Stimme von Hayat Chaoui über zwei Stunden, dass von Stille keine Rede sein kann. Denn der Wunsch nach "Frieden", "salam", "shalom", und das Verlangen, auch anderen diesen Frieden zu wünschen, ist nicht nur in allen drei abrahamitischen Religionen zentral, die Sprache der Musik, mit der dieser Inhalt kommuniziert wird, ist universell.

Hayat Chaoui hat marokkanische Wurzeln, ihre Gesangsausbildung ist jedoch klassisch in westlicher Tradition. So singt sie auch die kunstvollen Verzierungen der arabischen Lieder Phrase für Phrase äußerst präzise und nicht im weitgefassten Fluss, ein Stil, der die stilistische Ähnlichkeit der Melodien zu mittelalterlichen sephardischen Gesängen und Trobadorliedern hörbar macht. Mit "Hija mia mi quevida" steht auch eine Melodie der spanischen Juden des Mittelalters auf dem Programm. Auch sie wird zum Hörerlebnis: ufermann haben die alte Weise mit einem jazzigen Arrangement unterlegt.

Schlagzeug, Keyboard, ein Daxophon, das ähnlich wie eine singende Säge gespielt wird und seltsam pfeifende, atmende und wimmernde Töne von sich gibt. "Salam" ist ein Experiment, es überschreitet Grenzen. Man spürt bei manchen Besuchern zunächst die Überraschung. Aber diese wandelt sich auch in Begeisterung. Erhard Ufermann, Dieter Nett, Martin Zobel, Harald Eller, Jörg Dausend und Thomas Lensing agieren mit Spielfreude, Groove und der Lust an der Improvisation, Hayat Chaoui überzeugt in Jazz-Standards ebenso souverän wie in Sufi-Gesängen. Mit der Bearbeitung von "Verleih uns Frieden gnädiglich" endet "salam". Eigentlich. Gerhard Greiner setzte sich als Vorsitzender des gastgebenden Vereins durch: Auf seinen Wunsch ging der Mond noch ein zweites Mal über Ost und West auf.

(bes)
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