Unsere Woche Ja, wenn's wirklich nichts Wichtigeres zu tun gibt

Dinslaken · Warum sich der geneigte Wahlbürger wundern sollte, mit welchen Themen sich der Dinslakener Rat auf einer Sondersitzung beschäftigt, und was der eigentlich Besseres zu tun hätte.

Wer keine Arbeit hat, der macht sich welche. Was immer uns das Sprichwort sagen will, mit dem, was Dinslakens Politik so aufführt, hat es nicht viel zu tun. Die macht sich zwar Arbeit, doch ist es keineswegs so, als hätte sie keine. Und was noch pfiffiger ist. Die Politik macht nicht nur sich Arbeit, obwohl sie doch eigentlich Besseres zu tun hätte. Sie macht auch noch anderen Arbeit, die wahrlich auch genug anderes zu tun hätten. Da gibt's beispielsweise in der kommenden Woche eine Sondersitzung des Rates. Uiiiihh, wird sich da der geneigte Wahlbürger denken: Da brennt aber wohl ein Thema so richtig auf den Nägeln. Das freilich ist ein typischer Fall von logischem Kurzschluss. Es geht darum, dass die Steag, an der die Stadt über ihre Tochter Stadtwerke mit sechs Prozent beteiligt ist, Interesse daran bekundet hat, das Braunkohlegeschäft von Vatenfall in der ostdeutschen Lausitz zu übernehmen. Punkt. Entscheidungsreife Grundlagen für dies mögliche Geschäft gibt's bislang nicht. Im Gegenteil: Zurzeit spricht einiges dafür, dass es nicht zu einer solchen Beteiligung, wie immer die dann aussehen würde, kommt. Nichtsdestotrotz machen die Linken im Dinslakener Rat schon mal Alarm, die Grünen auch. Braukohle ist inzwischen nämlich prinzipiell baba. Da muss man Zeichen setzen. Natürlich rechtzeitig. Bevor böse Mächte sich gegen hehre Klimaziele verschwören können. Klar, kann man machen. Ist aber zum jetzigen Zeitpunkt, wo's nichts zu entscheiden gibt, nichts als Populismus.

Anderes Beispiel: Überdachung des Burgtheaters. Das ist ein Thema, das in schöner Regelmäßigkeit aufs Tapet kommt. Die Verwaltung, die ja sonst nix mit ihrer Zeit anzufangen wüsste, macht dann einen Bericht. Das Ergebnis ist eigentlich sattsam bekannt: Überdachung ist erstens zu teuer und zweitens spricht der Denkmalschutz dagegen. Das Thema - schön, dass wir mal wieder drüber geredet haben - verschwindet in der Versenkung - bis der nächste auf die Idee kommt, die Leiche erneut zu fleddern.

Mensch, muss denn das sein, liebe Ratsvertreter. Diese Stadt hat alle Hände voll zu tun, die Probleme, die mit dem Zustrom von Flüchtlingen einhergehen, zu bewältigen. Diese Stadt nähert sich mehr und mehr dem finanziellen Offenbarungseid, der in einem Haushaltsicherungskonzept enden wird, das alle politischen Gestaltungsmöglichen nahe Null fahren wird. Und ihr verschwendet Zeit damit, über ungelegte Eier und längst beantwortete Fragen zu diskutieren? Ja, wenn ihr wirklich nichts Wichtigeres zu tun habt.

Vielleicht aber, der Verdacht lässt sich nicht von der Hand weisen, übt die Politik ja schon. Für die Zeit, in der sie mangels finanzieller Masse vor Ort nichts mehr zu sagen haben wird und dann zumindest den Anschein erwecken muss, dass sie noch wichtig ist. Dann kann sie sich mit noch mehr Verve den großen Themen widmen. Bedeutungsschwanger, aber weitgehend folgenlos. Politischer Gestaltungswille freilich sieht anders aus.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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