Voerde Haarmann wirbt um Verständnis für Flüchtlinge

Voerde · In die leerstehende Pestalozzischule sind in dieser Woche 69 Flüchtlinge eingezogen. Vertreter der Stadt informierten Anwohner über die aktuelle Situation.

 Bürgermeister Dirk Haarmann informierte die Anwohner.

Bürgermeister Dirk Haarmann informierte die Anwohner.

Foto: Heinz Kunkel

Seit wenigen Tagen ist wieder Leben in die ehemalige Pestalozzischule eingekehrt. 69 Menschen (Stand Dienstagabend) sind in die eilig als Flüchtlingsunterkunft hergerichtete Grundschule eingezogen, größtenteils alleinstehende Männer, aber auch sechs Familien mit Kindern. Ebenfalls kurzfristig setzte die Stadtverwaltung eine Informationsveranstaltung für die Nachbarschaft in der ehemaligen Aula an.

Dies alles, erläuterte Bürgermeister Dirk Haarmann den zahlreich erschienenen Anwohnern am Dienstagabend, sei ein Indiz für die Situation, in der sich Voerde ebenso wie viele andere Kommunen befindet: Sie sind gezwungen, sehr kurzfristig zu agieren, um Wohnraum für die neu zugewiesenen Menschen zu schaffen. "Die Zahlen ändern sich tagesaktuell", so Haarmann.

Das neue Flüchtlingsheim stößt bei einem Teil der Anwohner auf Unmut und Skepsis. Schließlich, so das Argument einiger Nachbarn, müssten sie aufgrund der nahe gelegenen Wohnungen an der Barbarastraße, wo 108 Asylbewerber leben, schon mit Beeinträchtigungen wie verstärktem Lärm oder Müll vor der Tür leben. Warum nun noch eine Unterkunft in nächster Nähe?

Haarmann bezog in seinem einleitenden Vortrag ausführlich Stellung, bemühte sich um Sachlichkeit, warb um Verständnis für die Menschen und ihre Situation. "Die Flüchtlinge verlassen ihr Land nicht gerne, sie fliehen vor Krieg und Tod", betonte er. Die Bewohner der Pestalozzischule kommen größtenteils aus Syrien, aber auch aus dem Irak, Eritrea oder Ghana.

Das Gebäude ist angesichts des großen Drucks - 501 Flüchtlinge leben aktuell in Voerde - als vorübergehende Lösung eingeplant, so Haarmann weiter. Die Pläne zum Verkauf und zur Bebauung des Geländes würden weiter verfolgt, schon deshalb, weil die Kommune die Einnahmen aus dem Verkauf dringend benötige. Da in Voerde aktuell alle Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen voll ausgeschöpft sind, bleibe der Stadt keine Wahl, erläuterte Dirk Haarmann. "Einzige Alternative: Die Menschen schlafen auf der Straße". Bis zu 126 Personen könnten in der ehemaligen Grundschule wohnen, doch eine maximale Belegung soll möglichst vermieden werden, erklärte Planungsdezernent Wilfried Limke. Haarmann versicherte, die Stadt werde die Übernahme sämtlicher Kosten bei Bund und Land mit Nachdruck einfordern.

Zu Beginn des Jahres sei man aufgrund damaliger Prognosen noch von ganz anderen Zahlen ausgegangen - mit 280 Personen hatte die Verwaltung für 2015 gerechnet. Auch wisse man nicht, wie viele Flüchtlinge noch kommen werden. Bürgermeister Haarmann: "Wir haben keine Glaskugel". Die Planung sei ein "Hochseiltanz ohne Netz und doppelten Boden".

In der anschließenden, teils aufgeregten Diskussion klagten einige Nachbarn über Müll und die Lautstärke an der Barbarastraße, fragten, wer denn den neuen Bewohnern in Voerde die hiesigen Gepflogenheiten erkläre.

Der Kommunalbetrieb sammele regelmäßig Sperrmüll ein, versicherte Wilfried Limke. Hauswarte und psychosoziale Betreuung würden von der Stadt organisiert, so Haarmann. Er warb aber auch um Verständnis für die Neubürger, die sich erst eingewöhnen müssen und betonte, Konflikte im Zusammenleben gebe es auch dort, wo keine Ausländer wohnen.

Abschließend bat der Bürgermeister um die Unterstützung der Voerder: "Wir sollten den Menschen offen begegnen, sie aus ihrer Isolierung herausholen - natürlich unter Respektierung unserer Regeln. Wir sind dabei auf Ihre Mithilfe angewiesen."

Tatsächlich zeigten sich einige Anwohner interessiert und äußerten den Wunsch nach Begegnungsmöglichkeiten mit den Flüchtlingen.

(RP)
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