Dinslaken. Gemeinsam Deutsch sprechen im Café

Dinslaken. · Seit einem Jahr treffen sich Menschen zu einem Integrations-Projekt in der Stadtbibliothek.

 Um Sprechen zu üben, treffen sich Menschen aus vielen Nationen seit einem Jahr regelmäßig in der Stadtbibliothek.

Um Sprechen zu üben, treffen sich Menschen aus vielen Nationen seit einem Jahr regelmäßig in der Stadtbibliothek.

Foto: Heiko Kempken

Eine Fremdsprache lernen ist das eine - aber sprechen? Außerhalb des Unterrichts? Um diese Hürde zu überwinden, treffen sich seit einem Jahr Absolventen von Deutsch- und Integrationskursen zum freiwilligen, offenen Gesprächskreis "Gemeinsam Deutsch sprechen" im Lesecafé der Stadtbibliothek. Und lernen dabei noch viel mehr als das.

Zweimal wöchentlich treffen sich zehn bis 15 Menschen aus Ländern wie Syrien, China, Simbabwe, Eritrea, Italien oder der Türkei im Lesecafé. Zwar wird die Stunde immer von Sprachlehrern begleitet - aber Grammatik wird hier nicht gebüffelt, allenfalls werden anschließend Fragen dazu beantwortet.

Es geht ums Sprechen - gerne über das Leben in Deutschland. Von den "Bremer Stadtmusikanten" bis zum friedvollen Beenden einer Beziehung reichen die Themen, es wird übers Wetter ebenso gesprochen wie über Sexualität, sagt Lehrer Bernhard Schürmann.

Dabei gehe es vor allem darum, "zu zeigen, dass man hier so etwas thematisiert". Auch wenn der eine oder andere Teilnehmer "rote Ohren" bekommen habe. Im Advent ging es um Weihnachten, an Karneval verkleidete sich die Lehrerin als Kuh - und die Teilnehmer machten den Spaß mit. Weil es zum Leben in Deutschland gehört. Menschen aus 125 Nationen leben laut Dinslakens Integrationsbeauftragtem Burhan Cetinkaya derzeit in Dinslaken. "Das ist eine Bereicherung für die Stadt", sagt er zum einjährigen Bestehen der Sprachgruppe - Integration vorausgesetzt.

"Sprache ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration", betont Cetinkaya - um einkaufen, arbeiten, ausgehen zu können, benötige man die Sprache.

Michael aus Eritrea etwa ist seit eineinhalb Jahren in Deutschland und spricht schon richtig gut Deutsch. "Ich bin Krankenpfleger und habe schon ein Praktikum im katholischen Krankenhaus gemacht." Um weiter zu kommen, "muss ich die Sprache noch besser lernen".

Das treibt auch Petronella an. Sie hat Simbabwe 2012 verlassen, hat auch schon in Großbritannien gelebt, ist ebenfalls Krankenschwester. Auch sie ist stolz auf ein Krankenhaus-Praktikum in Dinslaken und hofft, dass sie auf diesem Weg weiter kommt. "Aber ich muss noch mehr Deutsch lernen."

Elif lebt schon seit sieben Jahren in Dinslaken. "Aber ich habe nicht gearbeitet und hatte deswegen wenig Gelegenheit, Deutsch zu sprechen", sagt sie in fast fehlerfreiem Deutsch. Nicht nur wegen der Sprache empfinden viele "die Gruppe", wie die Teilnehmer das Treffen kurz nennen, als Bereicherung. "Man trifft Leute, das muss sein", beschreibt eine ältere Italienerin, die Stimmungskanone der Gruppe.

Freundschaften haben sich hier entwickelt, Hobbys. Michael aus Eritrea und Hidir aus Syrien etwa treffen sich fast täglich in der Stadtbibliothek, auch außerhalb der Gruppe, verrät Edith Mendel, Leiterin der Bücherei.

Zum Lesen, Lernen, Plaudern. So geht Integration. Und so entsteht Heimat.

(RP)
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