Dinslaken "Dreifacher Chefarzt" sagt Adieu

Dinslaken · 23 Jahre lang war Ullrich Raupp (65) am Marien-Hospital tätig. Demnächst tritt der Leiter der Frühförderstelle, des SPZ und der Kinder- und Jugendpsychiatrie in den Ruhestand. Nachfolgerin ist da.

 Der Kinder- und Jugendarzt Ullrich Raupp ist froh, dass Stephanie Boßerhoff (l.) seine Nachfolge antritt. Gleichzeitig übernimmt Claudia Vogt die ärztliche Leitung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Der Kinder- und Jugendarzt Ullrich Raupp ist froh, dass Stephanie Boßerhoff (l.) seine Nachfolge antritt. Gleichzeitig übernimmt Claudia Vogt die ärztliche Leitung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Foto: Klaus Nikolei

Nächsten Mittwoch dürfte es voll werden in der Aula der Weseler Musik- und Kunstschule. Schließlich wird Ullrich Raupp dort nach 23-jähriger Tätigkeit am Marien-Hospital offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Bei dieser Gelegenheit wird sich seine Nachfolgerin Stephanie Boßerhoff den geladenen Gästen vorstellen.

Raupp (65) gehört zu den außergewöhnlichsten Persönlichkeiten der Klinik. Einer, der seinen Beruf mit Herzblut betreibt und immer neue Ideen entwickelt. Seit 2007 ist der "dreifache Chefarzt" nicht nur für das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) und die Interdisziplinäre Frühförderstelle (IFF) - beide seit 2012 untergebracht im schmucken Bau an der Breslauer Straße - zuständig, sondern auch für die Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (KJPP) an der Dinslakener Landstraße. Ziel der drei Einrichtungen, in denen mittlerweile rund 100 Mitarbeiter tätig sind, ist es, dass aus Störungen keine chronischen Störungen werden. Raupp sagt es so: "Entwicklung ist unsere Aufgabe." Der aus Bonn stammende und in Flüren heimisch gewordene Arzt gehörte schon früh zu jenen Medizinern, die den Ansatz vertreten, dass biologische, psychische und soziale Faktoren in der Entwicklung eines jungen Menschen gemeinsam wirken - heute ist das Konsens in der Fachwelt.

Natürlich hat sich in der Arbeit von Raupp in den vergangenen 23 Jahren einiges geändert. Vor allem im psychosozialen Bereich haben die Krankheiten stark zugenommen. Beziehungs- und Verhaltensauffälligkeiten, ADHS, Depressionen, Angstzustände sowie Probleme mit Alkohol und Computersucht zählen an erster Stelle dazu. Ursachen sind aus seiner Sicht die Auflösung verlässlicher Familienverbände, fehlende Vorbilder und der hohe Stellenwert der Wirtschaft, die in vielen Fällen Vorrang vor der Menschlichkeit habe.

"In der Sozialpädiatrie versuchen wir", sagt Raupp, "Überforderung zu mindern und gemeinsam Orientierungspunkte für die Familie zu finden. Wir nutzen dabei die Ressourcen, die jeder Einzelne mitbringt und helfen, diese zu stärken. Schon aus dem ungeheuren Umfang der Möglichkeiten und Wege für Entwicklung und Orientierung wird deutlich, dass Sozialpädiatrie, Kinder- und Jugendpsychologie und Frühförderung nur im engen Miteinander vieler Berufsgruppen wirksam werden können sowie in der Zusammenarbeit und Vernetzung von Praxen, Einrichtungen, Institutionen, die mit Gesundheit und Entwicklung im Kindes- und Jugendalter zu tun haben."

Der scheidende Chefarzt ist überzeugt, dass die Arbeit in den drei Einrichtungen, in denen junge Patienten vom gesamten Niederrhein behandelt werden, in seinem Sinne fortgesetzt wird. Denn Nachfolgerin Stephanie Boßerhoff gehört bereits seit 2006 als Leitende Oberärztin und stellvertretende Leiterin zum SPZ-Team.

Die Mutter von drei, zum Teil erwachsenen Kindern stammt aus Voerde, wo sie mit ihrer Familie lebt. Zwar wird sie SPZ, Frühförderstelle und KJPP - die bisherige leitende Oberärztin Claudia Vogt übernimmt dort die ärztliche Leitung - nicht neu erfinden. Aber Boßerhoff will diese Einrichtungen innerhalb der gut funktionierenden Strukturen weiterentwickeln. "Sie wird nicht in meine Fußstapfen treten, sondern neue machen - und das ist gut so", sagt Raupp.

Der freut sich übrigens schon darauf, künftig mehr Zeit zum Backen, Kochen und Schreinern zu haben. Außerdem möchte der Vater von zwei erwachsenen Söhnen langjährige Freundschaften pflegen und sich ehrenamtlich engagieren. Zum Beispiel in der Kinder- beziehungsweise Behindertenhilfe. Im IFF, im SPZ und in der KJPP wird der 65-Jährige künftig gerne mal vorbeischauen. "Aber nur dann", sagt er lachend, "wenn ich eingeladen werde."

(RP)
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