Dinslaken/Düsseldorf Dinslakener schaute bei Hinrichtung zu

Dinslaken/Düsseldorf · Vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht hat der mutmaßliche IS-Terrorist Nils D. über seinen Weg in den radikalen Islam gesprochen. Er sei da irgendwie reingerutscht. Der 25-Jährige war Mitglied der "Lohberger Gruppe".

Die Vorwürfe der Generalbundesanwaltschaft gegen Nils D. wiegen schwer. Er soll sich von Oktober 2013 bis November 2014 der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien angeschlossen haben. As Mitglied eines "Sturmtrupps", so ein Punkt der Anklageschrift, habe er Spione und Deserteure mit Waffengewalt festgenommen und Gefängnissen des IS zugeführt. In Terrorcamps sei er zudem an Pistolen und Schnellfeuerwaffen wie der Kalaschnikow ausgebildet worden. Auch im Umgang mit Sprengstoff sei er geübt. Bei einer Hinrichtung habe er zudem zugeschaut. Mitgemacht habe er aber nicht.

Der mutmaßliche Terrorist des Islamischen Staats Nils D. hat bereits zum gestrigen Prozessauftakt vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht begonnen, ein ausführliches Geständnis abzulegen. Er nennt Namen von islamistischen Weggefährten aus Dinslaken auf seinem Weg in den Dschihad und unterstützt damit Justiz und Ermittler als wertvoller Zeuge. Das Oberlandesgericht hat für den Prozess zunächst neun Verhandlungstage angesetzt.

IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016
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IS-Terrormiliz: Prozess gegen Nils D. 2016

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Foto: dpa, fg lof

Nach seinem Hauptschulabschluss, einer Vorstrafe als Drogendealer und einer abgebrochenen Lehre als Anlagemechaniker bekam er über seinen inzwischen als Selbstmordattentäter gestorbenen Cousin Philip B. und den ebenfalls ums Leben gekommenen Mustafa K. Kontakt zu einer islamistischen Gruppe, der "Lohberger Brigade". Der Gruppierung gehörten insgesamt rund 25 Mitglieder an. Viele kannte er aus seiner Jugend. "In Dinslaken kennt jeder jeden", betonte Nils D. "Wir haben uns immer in Lohberg in diesem Institut für Bildung getroffen. Das war anfangs nicht dschihadistisch. Im Internet habe ich mir abends zuhause Vorträge von Pierre Vogel angesehen. Darüber haben wir uns dann auch in der Gruppe unterhalten", sagte er vor Gericht aus.

Im August 2011 konvertierte er und wurde Moslem. Dann habe er sofort mit Drogen, Alkohol und allem aufgehört, was der Islam verbietet, so der 25-Jährige gestern. Er ließ sich seinen Bart wachsen, trug knöchellange Hosen. Islamisten-Krawalle im Mai 2012 in Bonn radikalisierten seine Gruppe noch stärker. "Da haben wir uns Videos von Millatu Ibrahim angeguckt. Das war etwas anderes. Das war aggressiver."

Nils D. und seine Freunde trafen sich nicht nur in den Räumlichkeiten des Bildungsinstituts, sondern besuchten auch die arabische Moschee in der Dinslakener Innenstadt, manchmal fuhren sie auch zu Moscheen in Duisburg und Wesel.

Im August 2013 entschied er sich schließlich, nach Syrien zu reisen. Im Oktober habe er diesen Plan umgesetzt und reiste über Istanbul in das Kriegsgebiet im Nachbarland. Seine Mutter habe am Tag seiner Abreise geweint. Nach seiner Ankunft habe man ihm gezeigt, wie man mit einer Kalaschnikow schießt. Er habe aber nicht an der Front kämpfen wollen, sondern einen Job als Scharia-Polizist angestrebt, sagte der Angeklagte. Im November 2014 kehrte er zurück - als einer der wenigen Überlebenden der "Lohberger Brigade".

(csh)
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