Dinslaken Die Rückkehr der Friedensglocke

Dinslaken · Nach dem Abriss der Heilig-Blut-Kirche war sie sechs Jahre lang in Gescher eingelagert.

 Gehörten Jahrzehnte zusammen: Kirche und Glocke in Heilig Blut. Foto

Gehörten Jahrzehnte zusammen: Kirche und Glocke in Heilig Blut. Foto

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Zu Kirchen gehören Glocken. In unseren Ohren klingt Glockengeläut harmonisch, an bestimmte Vorgänge erinnernd, vertraut und zum Gottesdienst rufend. So beginnt Paul Huesmann in der Pfarrchronik von Heilig Blut seinen Teil über die "Institution Glocke" und die Glocken der Pfarrgemeinde. Denn die Heilig-Blut-Kirche an der Hagenstraße beheimatete vor ihrer Profanierung (Entwidmung) samt schmerzvollem Abriss in 2009 vier mittelgroße Exemplare, von denen drei in der Glockenstube des Turms aufgehängt waren (läuten heute in Sankt Pius in Marl) und eine - weil durch einen Riss beschädigt und deshalb ohne Klang - als Friedensglocke auf dem Kirchplatz Aufstellung gefunden hatte.

Und genau diese historische "Schlesierglocke" aus dem 15. Jahrhundert - sie hing im Kirchturm des Ortes Seifersdorf - kehrt jetzt wieder in die Pfarrgemeinde zurück (siehe Box), nachdem sie bei der Glockenbaufirma Petit & Gebrüder Edelbrock in Gescher sechs Jahre eingelagert war.

 Jahrzehnte zusammen: Kirche und Glocke in Heilig Blut.

Jahrzehnte zusammen: Kirche und Glocke in Heilig Blut.

Foto: Lars Fröhlich

Darüber freut sich nicht nur Willi Tenhonsel, ehemaliger langjähriger stellvertretender Vorsitzende des Kirchenvorstands, sondern auch die in Heilig Blut ansässige Schlesiergruppe. Die Auskofferungsarbeiten samt Legen der Fundamente vor dem Gemeindezentrum haben bereits begonnen.

Wie kam diese Glocke nach Dinslaken? Ein weiterer Blick in die Chronik von Huesmann verrät: Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erging die Verordnung, die Kirchenglocken für die Rüstungsindustrie abzugeben. Zum Glück fanden sich nach dem Kriege noch zahlreiche Glocken wieder und konnten ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden.

Eine Reihe von Heimatvertriebenen hatte es geschafft, bei der Flucht auch ihre Kirchenglocken, auf Pferdewagen geladen, hunderte Kilometer in den Westen zu bringen.

In Hamburg und Hannover hatte sich ein Ausschuss zur Rückführung von Glocken konstituiert. An dieses Gremium wandte sich der Orsoyer Pfarrer Möller. Das Geläute seiner Sankt-Nikolaus-Kirche war beim Kampf um den Rheinübergang völlig zerstört worden. Nach Empfang von zwei schlesischen Glocken (1952) erschallte ihr Klang über Orsoy am Rhein.

Bald zeigte sich jedoch bei der größeren Glocke ein Riss im Mantel, so war zeitweise nur die kleinere zu hören. Als sich die sparsame Gemeinde ein eigenes Geläute zulegte, lagen die beiden Glocken als mahnende Überreste aus Kriegstagen am Eingang der Sankt Nikolaus-Kirche, "bis unser auch sparsamer Pastor Heinrich Wind davon bekam". Der Orsoyer Pfarrer hörte die Bitte seines Amtsbruders, und wieder gingen die beiden Glocken auf die Reise, dieses Mal über den Rhein in die Dinslakener Pfarrei Heilig Blut.

(RP)
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