Dinslaken Die Engel von Vincentius

Dinslaken · Wolfgang Krüsmann rückt die Engel in der Sankt-Vincentius-Kirche inden Fokus des Betrachters. Oft werden diese einfach übersehen.

 Wolfgang Krüsmann vor den Schutzengeln, die auf dem Josephaltar in der Sankt-Vincentius-Kirche zu sehen sind. Hier lohnt sich für die Besucher ein genauerer Blick auf die Details der Altarbilder in der Kirche zum Thema "Engel".

Wolfgang Krüsmann vor den Schutzengeln, die auf dem Josephaltar in der Sankt-Vincentius-Kirche zu sehen sind. Hier lohnt sich für die Besucher ein genauerer Blick auf die Details der Altarbilder in der Kirche zum Thema "Engel".

Foto: Büttner

Es gibt einen feinen Unterschied zwischen sehen und wahrnehmen. Und wenn man von den Kirchbänken in der Sankt-Vincentius-Kirche einen Blick in den Altarraum wirft, dann wird dieser ziemlich schnell deutlich. "Jeder, der hier in die Kirche kommt, sieht die Engel der Kommunionsbänke. Aber die meisten Menschen nehmen sie nicht wahr", sagt Wolfgang Krüsmann vom Förderkreises "Kirchliche Kunstgegenstände" der Gemeinde. Denn natürlich blicken die Kirchbesucher während der Gottesdienste immer Richtung Altarraum, aber die Kleinode im Kirchengebäude werden dabei nicht unbedingt offenbar.

So die Engel der Kommunionsbankteile, die wie ein niedriger Raumteiler zwischen dem Altarraum und den Kirchenbänken stehen. Die Kommunionsbankteile stammen aus dem Jahre 1893 aus der Werkstatt von Ferdinand Langenberg. In der Mitte der beiden Teile ist jeweils ein Engel mit Spruchband zu sehen. Eines der beiden äußeren Bildnisse zeigt aus Unkraut herauswachsende Ähren, das andere Trauben an einem Weinstock. "Das sind Darstellungen des Fronleichnamfestes", erklärt Wolfgang Krüsmann. "Das wissen auch viele der Gemeindemitglieder nicht." Allerdings fehlt der Mittelteil der Bänke. "Das war ein Türelement, das die Emmaus-Szene zeigte. Leider ist das abhandengekommen", erklärt Wolfgang Krüsmann die Lücke.

Ein weiterer Engel findet sich auf der Tabernakeltür des Hochaltars. Auf einem quadratischen Untergrund, der die Stadt Jerusalem repräsentiert, ist hier der Prophet Elija mit einem Engel zu sehen. "Der Engel brachte dem Propheten Brot und Wasser, um ihn zu stärken", erklärt Wolfgang Krüsmann die Szene, die sich auf eine Passage aus dem Buch der Könige bezieht. Zwei weitere Engel flankieren auf Säulen stehend den Altar. Die rund 70 Zentimeter hohen Figuren tragen Gegenstände, die an die Passion Christi und damit auch das Osterfest erinnern. "Christus ist auf dem Altarbild als Weltenrichter dargestellt", erklärt Wolfgang Krüsmann. "Wie früher Herrscher von Dienern begleitet wurden, von denen die Insignien der Macht getragen wurden, hat Christus hier die Engel als Wappenhalter", erzählt der Vorsitzende des Förderkreises "Kirchliche Kunstgegenstände".

Allerdings sind es nicht Zepter oder Reichsapfel, welche die Engel für den Heiland tragen, sondern ein Wappenschild mit Geißel und Rute und einen Helm, in dem sich die Dornenkrone findet. Dabei sind die Engel ursprünglich kein Bestandteil des Altars gewesen. "Sie wurden Anfang des 16. Jahrhunderts in einer Werkstatt in Kalkar gefertigt und man hat sie oft Hendrik Douvermann zugeordnet", berichtet Wolfgang Krüsmann. Eine These, die sich als falsch herausstellte, vor allem, weil die Engel farbig gestaltet waren, auch wenn davon heute nichts mehr zu sehen ist. "Man hatte früher nicht das Geld, um die Farbe an den Figuren restaurieren zu lassen, also hat man sie irgendwann ganz abgenommen", sagt Wolfgang Krüsmann. Bis zu ihrer letzten Restaurierung waren die Engel vor allem durch ihre schwarze Färbung aufgefallen. Jetzt kann man zumindest wieder alle Details an den Figuren erkennen.

"Viele der Figuren hier in der Kirche haben mit Bemalung früher ganz anders ausgesehen, weil sie dadurch teilweise andere Gesichtszüge hatten", berichtet der Experte für die Kirchenschätze von Sankt Vincentius. Die auffälligste Änderung an den Engeln dürfte allerdings sein, dass sie jetzt auf Säulen stehen. "Man wollte dadurch den Effekt erzeugen, dass die Engel quasi neben dem Altar schweben, anstatt nur auf dem Boden zu stehen", erklärt Wolfgang Krüsmann diese Veränderung.

Ein weiterer Engel findet sich in der Verkündigungsszene auf dem Marienaltar, der 1891 ebenfalls in der Langenberger Werkstatt entstand. Hier wird die Szene gezeigt, in der Maria vom Erzengel Gabriel von der bevorstehenden Geburt von Jesus erfährt.

Auch auf dem Josephaltar sind in der Szene von Christi Geburt ebenfalls zwei Schutzengel zu erkennen. Hier lohnt sich eine genauere Betrachtung der Altarbilder aber auch, ohne dass man unbedingt auf der Suche nach Engeln sein muss. "Es ist wirklich unglaublich, welche Kunstfertigkeit sich hier selbst in den kleinsten Details verbirgt", sagt Wolfgang Krüsmann und zeigt auf Details in der Landschaft hinter den Figuren und zu deren Füßen.

Allerdings kann auch bei Engeln der Schein manchmal trügen. Denn nicht alle menschliche Figuren, die auf den Altarbildern mit Flügeln dargestellt sind, sind auch wirklich Engel. "Der Evangelist Matthäus wird als geflügelter Mensch dargestellt", erklärt Wolfgang Krüsmann. Er würde sich wünschen, dass mehr Menschen mit offenem Auge in die Kirche gehen. "Das Kulturgut, das wir mit diesen Kunstwerken hier haben, steht allen Bürgern offen", sagt Krüsmann. "Und es ist wichtig, diese Güter, die wir haben, auch für die folgenden Generationen zu erhalten."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort