Dinslaken Die Allergenliste auf der Speisekarte

Dinslaken · Durch die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) müssen Gastronomen Allergene in der Speisekarte oder auf Schildern kennzeichnen. In Dinslaken nimmt man den Mehraufwand, der dadurch entsteht, eher gelassen hin.

 Zu jeder Eissorte gibt es eine Liste: Tugce Fontanella und Arli Pieruz vom Eiscafé Pieruz haben keine Probleme mit der neuen Verordnung.

Zu jeder Eissorte gibt es eine Liste: Tugce Fontanella und Arli Pieruz vom Eiscafé Pieruz haben keine Probleme mit der neuen Verordnung.

Foto: Martin Büttner

Lebensmittelinformationsverordnung - ein sehr langes Wort, das bei den Gastronomen für sehr viel Arbeit steht. Denn seit Dezember 2014 zwingt sie die EU-Verordnung, Allergene oder andere Erzeugnisse, die Unverträglichkeiten auslösen, in der Speisekarte oder per Zusatzschild für die Gäste zu kennzeichnen. Zwar können die Gastronomen das Gesetz zum Wohl der Allergiker nachvollziehen, die zusätzliche Bürokratie erschwert jedoch ihren Arbeitsalltag.

Die Liste der Allergene ist lang. Insgesamt 14 Stoffe gehören zu den Pflichtangaben, die jeder Betrieb seinen Gästen gut sichtbar in seiner Speisekarte aufzeigen muss, von glutenhaltigem Getreide und Krebstieren bis hin zu Fisch, Erdnüssen und Senf. "Dadurch wird die Speisekarte zur reinsten Ruinenlandschaft", kritisiert Ullrich Langhoff, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Kreis Wesel. "Der Aufwand, der dadurch für das Personal entsteht, ist viel zu groß." Das eigentliche Tagesgeschäft, also die Auswahl guter Zutaten und die sorgfältige Zubereitung der Speisen komme dadurch zu kurz. "Wir sind ja mittlerweile öfter im Büro als in der Küche", so der Dehoga-Chef. Darüber hinaus sei das Problem schlecht informierter Allergiker in der Gastronomie überhaupt nicht existent, glaubt Langhoff. "Die Betroffenen wissen Bescheid über ihre Allergien. Sie informieren sich beim Personal. Wer also seine Gerichte selbst frisch zubereitet und keine halbfertigen Waren verwendet, braucht diese Bürokratie nicht."

Im Eiscafé Pieruz and er Neustraße hat Inhaber Arli Pieruz keinen großen Aufwand mit der neuen Verordnung gehabt. "Wir bekommen zu jeder einzelnen Eissorte direkt eine Liste, auf der die einzelnen Allergene aufgelistet sind", berichtet er. Ein kleines Sammelsurium von Zetteln, wenn man die Vielzahl der Eissorten bedenkt, unter denen seinen Kunden ihre Erfrischungen auswählen können. "So kann ich Kunden, die nachfragen, einfach die Listen vorlegen." Ob die Auflistung aller einzelnen Allergene - von Eiererzeugnissen bis hin zum Sellerie - unbedingt notwendig ist, da ist der Eiscafé-Besitzer etwas geteilter Meinung. "Früher haben die Menschen auch einfach Eis gegessen und es ist gut gegangen. Wenn Kunden Allergien haben, dann fragen sie eigentlich auch nach, außerdem achten wir immer darauf, dass die Portionierer sauber sind, wenn wir Eissorten ausgegeben haben, die allergische Reaktionen auslösen können", sagt er. "Allerdings hat das mit den Allergien in den letzten Jahren auch deutlich zugenommen. Daher ist die Kennzeichnung der Lebensmittel vielleicht gar nicht verkehrt."

Chantal Schanzmann, Geschäftsführerin des Weinrestaurants "Zur Alten Apotheke" in der Dinslakener Altstadt, hat auch schon Erfahrungen mit der Lebensmittelinformationsverordnung gesammelt. "Wir haben in der Speisekarte einen Hinweis für Allergiker. In einer extra Mappe haben wir dann alle Gerichte mit den jeweiligen Allergenen aufgelistet", erklärt sie. Ob dieser Aufwand auch sinnvoll ist? "Für die Menschen, die unter einer Allergie leiden, auf jeden Fall. Obwohl die meisten Kunden mit Allergien auch direkt sagen, was sie nicht vertragen", erklärt sie. Trotz der Mehrarbeit, die diese Auflistung im Betrieb bedeutet, hält sie die Zeit für sinnvoll investiert. "Man kann besser diesen Aufwand betreiben, als dass dann nachher jemand mit einer Allergie vom Stuhl fällt."

Für Kristian Knauff, Inhaber der Szenekneipe Ulcus, ist die Lebensmittelinformationsverordnung, die zur Kennzeichnung der Allergeneaufruft, vor allem ein weiterer Schritt der Politik, den Gastronomen das Leben schwer zu machen. "Erst kam das Rauchverbot, dann der Mindestlohn mit der Pflicht zur genauen Dokumentation und jetzt das. Manchmal macht es keinen Spaß mehr", sagt er. "Man fragt sich, was als nächstes kommt. Eigentlich könnte man für diese Sachen schon eine Extrakraft einstellen." Trotzdem hat er den Inhalt der Verordnung natürlich auch in seinem Betrieb direkt umgesetzt. "Wir haben in der Küche einen Plan, auf dem die Allergene für die einzelnen Gerichte aufgelistet sind", erklärt Knauff. Dieser kann den Kunden auf Anfrage vorgelegt werden. Die neue Verordnung ist für ihn "eher ein Nebenschauplatz" bei den Steinen, die Gastronomen seiner Ansicht nach von Seiten der Politik in den Weg gelegt werden. "Ich kann derzeit niemandem empfehlen, eine Kneipe, ein Restaurant oder sonst einen gastronomischen Betrieb zu eröffnen", sagt er.

(RP)
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