Dinslaken Der "Neue" ist angekommen

Dinslaken · Das Advents- und Weihnachtskonzert in der Dorfkirche Hiesfeld wurde erstmals von Reiner Winzen geleitet.

 Viel Applaus gab's von den Besuchern für ein gelungenes Konzertereignis.

Viel Applaus gab's von den Besuchern für ein gelungenes Konzertereignis.

Foto: Jochen Emde

Die Kerzen auf den Leuchtern brennen, der Posaunenchor spielt den gemessenen, punktierten Rhythmus einer französischen Ouvertüre im Stil von Georg Friedrich Händel. Im Chor der Dorfkirche Hiesfeld warten hinter den Blechbläsern Kirchenchor und Oechor und davor das versammelte collegium musicum auf ihren Einsatz im ersten gemeinsamen Lied, während die Gemeinde im Schiff und oben auf der Orgelempore schon vom ersten Takt an von der besonderen Stimmung an diesem Vorabend des vierten Advents ergriffen ist.

Zum 45. Male luden die Chöre und Ensembles der ev. Kirchengemeinde Hiesfeld zur Advents- und Weihnachtsmusik in der Dorfkirche. Richtig neu war die Erfahrung vor allem für einen, ausgerechnet für denjenigen, der die musikalische Gesamtleitung des Abends hatte: Reiner Winzen, dem Nachfolger von Friedhelm Klump als Kirchenmusiker der Hiesfelder Gemeinde.

"Tollite hostias" aus dem Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saens vereint Chöre, collegium musicum und Posaunenchor zum großen, symphonischen Klangkörper des 19. Jahrhundert.

Doch solches Repertoire ist eher die Ausnahme in der Advents- und Weihnachtsmusik. Hier liegt der Schwerpunkt im Barock. Und hier stimmen Chöre und Collegium musicum mit Klängen auf Weihnachten ein, die man in anderen Konzerten in der Region im Advent nicht findet.

Zum Beispiel deo Weihnachtskantate für vier Singstimmen und Instrumente von Andreas Hammerschmidt (1611 - 1675). Der Zittauer Organist vertont in "Ihr lieben Hierten, fürchtet euch nicht" die Verkündigung der Engel an die Hirten mit der musikalischen Anschaulichkeit eines konzertanten Singspiels. Die Soprane singen im Einklang mit hellen Engelsstimmen, die Hirten antworten vielstimmig, ihre Reaktion auf Christi Geburt macht im wahrsten Sinne des Wortes musikalisch die Runde. Vereint sind jedoch Menschen und himmlische Schar in ihrer Empfindung: "Freude, Freude, Freude" ist ihr gemeinsamer Kehrvers, das Gefühl, dem sie immer und immer wieder Ausdruck verleihen.

Auch "Pelle" kämpft mit seinen Gefühlen. Die sind allerdings ganz anderer Natur. Denn nach einem Streit mit den Eltern, die ihm Unrecht taten, ist der kleine Junge aus Astrid Lindgrens Weihnachstgeschichte in den Schuppen im Hof gezogen. Eigentlich will er mit seinem Fernbleiben vom baldigen Weihnachtsfest die Eltern strafen. Doch nach gefühlten vier Minuten selbstgewählten Exils kehrt er voller Sehnsucht und Liebe zu Mutter und Vater zurück.

Johann Christoph Pez (1664 - 1716) ist leider völlig zu unrecht heute kaum noch bekannt. Und auch wegen ihres warmen, lieblichen Klangs in Renaissance und Barock so beliebte Altflöte hört man selbst in der historischen Aufführungspraxis nur selten als Soloninstrument mit Orchesterbegleitung. Das collegium musicum unter der Leitung von Karsten Richter bot mit dem Concerto pastorale in F-Dur beides: Solisten des Werkes für die Weihnachtsliturgie waren Geza Runge und Lea Angst.

"Hark! The Herald Angels Sing!" von Felix Mendelsohn singen die Chöre und die Gemeinde im Wechsel auf Englisch und Deutsch, dann ist die 45. Advents- und Weihnachtsmusik schon wieder (fast) beendet.

"Mit diesem Lied sind Sie, Herr Winzen, heute angekommen", bedankte sich der Presbyteriumsvorsitzende Martin Pieper, bei dem Kirchenmusiker, der mit dem Konzert seinen ersten musilalischen Jahreszyklus vollendet hat.

Viel Applaus von den vielen Besuchern , die vielleicht ähnlich empfunden haben wie Pieper, der seine Dankesworte mit dem Satz beendete: "Ich bin immer etwas gläubiger und fröhlicher, wenn ich aus der Dorfkirche komme".

(RP)
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