Dinslaken Der Kampf gegen die Plastiktüten läuft an

Dinslaken · EU will Verbrauch senken. Handelsverband Niederrhein will Sanktionen möglichst vermeiden.

Jede weiß es, kaum einer tut was: Zu diesem Urteil kann man angesichts der Kunststoffberge kommen, die mittlerweile die Weltmeere mit unabsehbar schweren Folgen belasten. Reduzieren ist dringend angesagt. Deutschland, sonst gern Vorreiter in Umweltdingen, sieht gerade in Sachen Plastiktüten nur bedingt gut aus. Einerseits stimmen Zahlen und auch die Grundhaltung optimistisch, andererseits gehen Nachbarländer teils viel rigoroser gegen den gefährlichen Müll vor. Ein Wendepunkt sollte der heutige 1. April sein. Nicht alle, aber viele Verbände machen mit.

Beispiel Apotheken: Der Verband der Branche hat seinen Mitgliedern geraten, ab dem 1. April eine Gebühr für Plastiktüte zu erheben. Stefan Winkelhausen bietet den Kunden der Blankenburg-Apotheke in Wesel Stoffbeutel an. Den Bestand an Plastiktüten braucht er auf, hat aber keine neuen mehr nachbestellt. Anders macht es Stefan Jilek in der Büdericher Apotheke.

Wilhelm Bommann, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Niederrhein, setzt darauf, dass auf freiwilliger Basis die Vereinbarung mit dem Bundesumweltministerium erfüllt und so eine gesetzliche Regelung mit Sanktionsmöglichkeiten vermieden wird. Ab jetzt sollen 60 Prozent der Tüten etwas kosten, nach zwei Jahren mindestens 80 Prozent. Hintergrund ist die EU-Richtlinie, den Pro-Kopf-Verbrauch von Plastiktüten ab 2020 bei 90 Stück im Jahr liegen soll und ab 2026 bei 40. Die Ausgangslage ist laut Bommann gut, denn derzeit verbraucht jeder Deutsche 71 Tüten per anno. Allerdings ist NRW im Vergleich der Bundesländer mit 76 Tüten pro Kopf und 1,3 Milliarden Stück im Jahr Schlusslicht. Auf Wesel umgerechnet bedeutet das einen jährlichen Haufen von gut 4,5 Millionen Plastiktüten. Nicht erfasst, so Bommann werden übrigens die sogenannten Knotbeutel, bekannt von den Gemüse- und Obstabteilungen in Supermärkten sowie auf Wochenmärkten in Gebrauch. Zahlen müssen Kunden für Tragetasche schon bei Ketten wie Real und Aldi, neu dabei sind laut Bommann nun dm-Märkte und Schuhfilialisten.

Seit Sommer vergangenen Jahres habe der Verband seine Mitglieder informiert und "starke Reaktionen" bekommen, sagt Bommann. Jute und Papier seien als Alternative wegen ihrer Umweltbilanz strittig. Dennoch sollte der Verband eine Sammelbestellung machen. Das wiederum ging am Ende, nicht weil unterschiedliche Anforderungen an Reißfestigkeit, Größe, Henkel- und Verschlussarten gestellt wurden.

Die Bezahlpflicht für Plastiktüten könne auch mit einem Imagegewinn für den Händler verbunden sein, sagt Bommann. Motto: Seht her, wir tun eben doch was Gutes.

(RP)
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