Voerde Den Gürtel noch enger schnallen

Voerde · Im Mittelalter wäre er als Überbringer schlechter Nachrichten geköpft worden. Kämmerer Werner Bosserhoff musste bei der Einbringung des Voerder Etats für das laufende Jahr nicht um sein Leben fürchten, obwohl die Zahlen, die er dem Rat nannte, einer Katastrophe gleichkamen.

Was sich in Finanzdingen im vergangenen Jahr an schlechtem Wetter über Voerde zusammenbraute, hat die Kommune jetzt mit voller Wucht erwischt und das Ausmaß einer Naturkatastrophe angenommen. Auch die Perspektiven bis 2013 sind mehr als düster. Werner Bosserhoff sprach Klartext, als er in der gestrigen Ratssitzung den Etatentwurf 2010 einbrachte.

Die Erträge der Kernverwaltung machen in 2010 rund 53 Millionen Euro aus, die Aufwendungen aber 65 Millionen. Ergebnis: ein Defizit von 12 Millionen Euro. Beim Kommunalbetrieb Voerde (KBV) sind Erträge und Aufwendungen mit rund 23 Millionen Euro etwa gleich. Ohne neue Konsolidierungsmaßnahmen wären die kommunalen Rücklagen von rund 50 Millionen Euro bis Ende 2013 auf etwa 15 Millionen gesunken, ein Haushaltsausgleich wäre frühestens 2020 möglich, das Eigenkapital der Kommune auf unter drei Millionen Euro gesunken. "Also nahe der Überschuldung, was in der Privatwirtschaft Insolvenz bedeuten würde", stellte Bosserhoff fest und bekannte, dass er eine derartige Entwicklung in seiner über 40-jährigen Tätigkeit in der Kämmerei noch nicht erlebt hat. Für die Stadt Voerde bedeutet dies, dass sie weiterhin einen harten Sparkurs fahren und den Gürtel noch enger schnallen muss.

Die Ursache für die finanzielle Schieflage der Kommune liegen nach Aussage des Kämmerers "an einer strukturellen Unterfinanzierung und an einer Übertragung immer neuer Aufgaben und Standards ohne Sicherstellung einer entsprechenden Finanzierung". "Wir haben kein Ausgabeproblem, sondern ein Einnahmeproblem", sagte Werner Bosserhoff und stellte fest, dass die Stadt Voerde nicht über ihre Verhältnisse lebe.

Als Beleg für die zahlreichen finanziellen Nackenschläge berichtete er, dass ihn erst am Dienstag die Nachricht erreichte, dass Voerde einen neuerlichen Gewerbesteuerabgang von 1,3 Millionen Euro hinnehmen muss, der noch das Haushaltsjahr 2009 belasten wird.

Für 2010 geht Bosserhoff in seinem Etatentwuf davon aus, dass die Einkommensteuer und die Umsatzsteueranteile um fast drei Millionen und die Schlüsselzuweisungen um 3,3 Millionen Euro sinken werden. Die Kreisumlage wird um 900 000 Euro höher als bislang ausfallen. Das Defizit von etwa 12 Millionen Euro wird damit 6,6 Millionen Euro höher ausfallen, als vor einem Jahr prognostiziert wurde. Die Gesamtverwaltung (also Kernverwaltung und KBV) werden bis 2013 Defizite von fast 30 Millionen Euro anhäufen. Voerde muss ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen, das von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt werden kann und befindet sich damit "in der dauerhaften Übergangswirtschaft, dem so genannten Nothaushaltsrecht".

(RP)
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