Dinslaken Coenen: "Keine finanzielle Schieflage"

Dinslaken · Vorläufiges Insolvenzverfahren: Geschäftsführer-Duo der Weseler Traditionsbäckerei wollte das Unternehmen "aus privaten und gesundheitlichen Gründen" verkaufen. Doch das gelang nicht. Ware für die drei Filialen kommt von Ernsting.

 Am Firmensitz Schepersweg bleiben mittlerweile die Backöfen kalt.

Am Firmensitz Schepersweg bleiben mittlerweile die Backöfen kalt.

Foto: Nikolei

Michael Kruppa, neben Fuat Baysal seit gut zwölf Jahren Geschäftsführer der Bäckerei Coenen GmbH, weiß nicht, wie lange man in den drei verbliebenen Filialen noch frisches Brot, Brötchen, Kuchen und Teilchen bekommt. "Vielleicht sogar noch sehr lange, wenn denn ein neuer Investor gefunden wird", sagt der 42-jährige Bäckermeister. Für ihn jedenfalls steht aber fest, dass er und Fuat Baysal das Kapitel Coenen demnächst endgültig schließen werden. Beide wollen sich aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen aus dem Unternehmen zurückziehen, das sie 2005 aus einer Insolvenz heraus übernommen hatten und das sich jetzt, wie berichtet, in einem vorläufigen Insolvenzverfahren befindet.

Daraus zu schließen, dass die Coenen GmbH, ähnlich wie jüngst die Bäckerei Karl (Hünxe), in finanzielle Schieflage geraten ist, sei völlig falsch. Sagt jedenfalls Kruppa. Fakt sei nämlich, sagt er, "dass wir uns vor gut eineinhalb Jahren entschlossen haben, die Bäckerei zu verkaufen." Die harte Arbeit, die Konkurrenz, die vergleichsweise geringen Erträge und das Problem, geeignetes Personal zu finden, seien die Hauptgründe für diese Entscheidung gewesen. Als die Suche nach einem Käufer am Ende nicht von Erfolg gekrönt wurde, überlegten sich die Coenen-Chefs, was man nun tun könnte. "Wir haben uns auf Anraten eines Insolvenzberaters zu dem Schritt entschlossen, in die vorläufige Insolvenz zu gehen - auch im Interesse unserer Mitarbeiter." 18 sind es derzeit noch, die aus der Insolvenzvorfinanzierung bezahlt werden. Schon vor Wochen haben einige gekündigt, so dass an eine weitere Produktion in der Backstube am Firmensitz Schepersweg nicht mehr zu denken war.

Kruppa hat seinen Kollegen Johannes Ernsting in Friedrichsfeld kontaktiert und ihn um Hilfe gebeten. "Klar, dass ich da gerne geholfen habe", sagt der Geschäftsführer der Bäckerei Ernsting auf Anfrage unserer Redaktion. Und so fährt Michael Kruppa mit dem Coenen-Lieferwagen täglich über den Kanal zu Ernsting-Zentrale, um dort Ware zur holen, die für die drei Coenen-Filialen an der Wilhelmstraße, an der Hohen Straße und am Kornmarkt bestimmt sind.

Sollte sich tatsächlich ein Kaufinteressent finden, könnte dieser den Namen der Traditions-Bäckerei weiter nutzen. Gegründet wurde der Betrieb im Jahr 1850 von Bäckermeister Christian Coenen. Der kam, so steht's in der Familienchronik geschrieben, aus Kevelaer nach Wesel ins Haus 649/650 (heute Poppelbaumstraße), um die Schmiedemeister-Tochter Gertrude Dellere zu heiraten, die sieben Kinder zur Welt brachte.

In der wechselvollen Geschichte der Bäckerei gab es zahlreiche Rückschläge. So wurde sie im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht. Der damalige Besitzer Manes Coenen setzte 1948 in der neuen Backstube die Produktion in Gang. Groß wurde das 150-jährige Bestehen gefeiert. Wenige Jahre später geriet das Unternehmen in finanzielle Schieflage und musste im Mai des Jahres 2004 Insolvenz anmelden.

Die Firma hatte Liquiditätsprobleme, die unter anderem mit Misserfolgen am Kornmarkt und im Rathaus-Anbau zusammenhingen. Anfang Mai 2005 übernehmen dann Fuat Baysal und Michael Kruppa das Unternehmen mit seinen sieben Filialen und 60 Mitarbeitern.

(RP)
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