Dinslaken Betuwe: Betroffene ohne Berechtigung

Dinslaken · Wer an dem Betuwe-Erörterungstermin morgen in der Kathrin-Türks-Halle teilnehmen darf und wer draußen bleiben muss, ist für Bürger nicht ganz einfach herauszufinden. Ein Versuch.

Dort, wo wir wohnen, wackeln die Wände, wenn ein Güterzug vorbeifährt, und die Gläser klirren im Schrank. Wenn im Sommer Fenster und Türen geöffnet sind, müssen wir Gesprächspausen einlegen, so laut ist es schon jetzt. Wir sind von der Bahnstrecke und von ihrem Ausbau im Rahmen der Betuwe betroffen. Zumindest gefühlt - und gehört. Aber auch offiziell? Dürfen wir uns beim Erörterungstermin morgen, 10 Uhr, in der Kathrin Türks-Halle informieren? Das ist für Bürger im Vorfeld schwer herauszufinden.

Öffentlich ist diese Veranstaltung nicht. Teilnahmeberechtigt sind laut Mitteilung der Bezirksregierung neben Bahn, Behörden und denjenigen Bürgern, die Einwände erhoben haben, aber auch "alle sonstigen vom Vorhaben Betroffenen und ihre gesetzlichen Vertreter oder Bevollmächtigten". Aber wer, bitteschön, gilt denn als "betroffen"?

Nachfrage bei der offiziellen Bürger-Hotline der Bezirksregierung: "Betuwe" scheint hier kein bekannter Begriff zu sein. "Was für eine Erörterung?" fragt die Frau am anderen Ende und möchte wissen, wer von den etwa 2000 Mitarbeiterin in ihrem Haus denn dafür zuständig ist - also: von der Anruferin wissen!

Ob Betroffene dem Erörterungstermin beiwohnen dürfen, richte sich auch danach "wie viel Platz noch ist", erklärt ein Mitarbeiter der Bezirksregierung. Eingeladen seien die Träger öffentlicher Belange sowie die Einwender, "danach" erst kämen die Betroffenen.

Diese Auskunft gibt später auch ein anderer Mitarbeiter der Bezirksregierung als Antwort auf eine Mail an die offizielle Kontaktadresse für Bürger. Ob und wie viele betroffene Bürger Zutritt erhalten, hänge vom verbleibenden Platz in der Halle ab. Dies könne man erst zehn Minuten vor Beginn absehen. Man gehe aber davon aus, dass nicht alle Einwender erscheinen, so dass genügend Platz bleiben dürfte. Außerdem verweist er auf die Lärmpegelkarte der DB Netz im Internet.

Die Lärmkarte ist nicht allzu detailreich und lässt sich online auch nicht heranzoomen. Sie ist in acht Farbabschnitte unterteilt, die für die aktuelle nächtliche Lärmbelastung in Dezibel stehen. Nach einem Vergleich mit dem Stadtplan ahne ich, wo wir wohnen. Ungefähr jedenfalls. Im orangefarbenen Bereich. Ob das betroffen genug ist, um der Erörterung beizuwohnen? Es ist - meint der Mitarbeiter der Bezirksregierung. Nur die Wohngebiete im grünen Bereich gelten als nicht betroffen, alle anderen seien zur Erörterung zugelassen. Soweit die Info für den Bürger.

Allerdings, so erklärt auf mehrmalige Nachfrage schließlich die Pressestelle der Bezirksregierung, "ausschlaggebend ist der Zustand nach dem Ausbau der Strecke, nicht der aktuelle Zustand". Dabei handelt es sich um eine Lärmprognose der Bahn für das Jahr 2025, nach der deutlich mehr Gebiete als aktuell im grünen Bereich (unter 49 Dezibel) liegen. Danach sind also weniger Menschen "betroffen" und somit berechtigt, der Erörterung beizuwohnen — falls Platz ist. Auch ich gehöre damit zu den Nicht-Betroffenen. Zumindest offiziell.

(RP)
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