Voerde Auch die Feuerwehr braucht starke Frauen

Voerde · Mit 16 trat Carina Hülser als erstes Mädchen der Voerder Einheit bei, heute ist sie dort eine von insgesamt sieben weiblichen Kräften.

 Löschfahrzeuge lenken, ist für Carina Hülser kein Problem.

Löschfahrzeuge lenken, ist für Carina Hülser kein Problem.

Foto: Heiko Kempken

Frauen sind bei der Freiwilligen Feuerwehr noch immer deutlich in der Unterzahl. Da macht auch die Voerder Einheit keine Ausnahme. Von den insgesamt 188 aktiven Wehrleuten sind sieben weiblich. Ihr Anteil liegt damit bei gerade mal 3,7 Prozent.

Gerne würde auch die Feuerwehr in Voerde mehr weibliche Kräfte in ihren Reihen wissen. Immer noch seien wesentlich mehr Frauen als Männer zu Hause, durch sie ließe sich die Tagespräsenz im Einsatzfall einfacher abdecken, erklärt der ehemalige langjährige Leiter der Voerder Feuerwehr, Ernst Wardemann. Der Schritt zur Feuerwehr sollte seiner Meinung nach in jungen Jahren erfolgen: "Es ist wichtig, dass Frauen über die Jugendfeuerwehr hineinwachsen." Diesen Weg ist Carina Hülser gegangen.

Mit zwölf Jahren, also kurz nach deren Gründung, stieß sie zur Jugendfeuerwehr. Dorthin fand sie eher per Zufall, denn familiär vorgezeichnet war der Schritt bei ihr nicht. Über ein Mädchen im Reitstall machte sie Bekanntschaft mit der Jugendfeuerwehr - und blieb. Von Anfang an dabei zu sein, mache es einfacher, aber auch ein Quereinstieg sei möglich.

Die "schöne Gemeinschaft", das Team und der Spaß und, nicht zu vergessen, die Zeltlager waren es, die Carina Hülser damals in der Jugendfeuerwehr begeisterten. Spielerisch bekamen sie und die anderen die Arbeit der "Blauröcke" näher gebracht. Da lernte der Nachwuchs zum Beispiel, eine Wasserversorgung mit einem B-Schlauch aufzubauen, eine Leiter richtig an ein Haus anzulegen, oder Knoten und Stiche, die etwa nötig sind, wenn Werkzeug sicher von unten in den ersten Stock gezogen werden soll - um nur einige Übungen zu nennen. "Es ging darum, Routine hinein zu bekommen", erzählt Carina Hülser.

Das Machen, das Mitanpacken bereiten ihr bei der Feuerwehr bis heute Freude. Mit 16 trat sie als erstes Mädchen dort ein. Bei Einsätzen aber durfte Carina Hülser, die parallel zunächst weiter in der Jugendfeuerwehr war, in dem Alter noch nicht dabei sein.

Für die Älteren bei der Feuerwehr sei es ungewohnt gewesen, plötzlich eine Frau in ihrer Mitte zu haben. "Den jungen Leuten machte das nichts aus", erinnert sie sich. Sicher, als einziges Mädchen "auf weiter Flur" habe sie sich damals schon durchkämpfen müssen, schlimm jedoch sei es nicht gewesen. Wenn, dann wäre sie nicht dabei geblieben, sagt Carina Hülser. Auch heute noch bekommt sie zwischendurch, wenn Schweres zu schleppen ist, von Männern zu hören: "Das machen wir, lass stehen." Die Geräte haben nunmal ihr Gewicht. "Das ist aber nicht nur für Frauen ein Problem", erzählt sie. Und so wird vieles gemeinschaftlich gemacht.

Bis zur Unterbrandmeisterin hat sich die heute 38-Jährige, die dem Friedrichsfelder Löschzug angehört, weitergebildet. Die Betreuerausbildung für die Jugendfeuerwehr hat sie ebenfalls absolviert, und einen Lkw-Führerschein hat sie auch in der Tasche. Löschfahrzeuge lenken - für sie kein Problem. Ihre aktivste Zeit bei der Feuerwehr hatte Carina Hülser im Alter von 18 bis 24 Jahren, "als die Kinder noch nicht da waren". Ihre beiden Sprösslinge - ein Mädchen und ein Junge - sind heute sieben und 14 Jahre alt. Früher sei sie bei fast jedem Einsatz dabei gewesen. "Das schaffe ich so nicht mehr", aber wenn die Kinder selbstständiger werden, möchte sie bei der Feuerwehr wieder mehr machen. "Ich gebe soviel, wie ich geben kann", sagt die 38-Jährige.

Feuerwehrautos, die Uniform haben sie als Kind an der Feuerwehr fasziniert. Auch das Interesse an Technik war ein Punkt, der sie dorthin brachte. Überhaupt hatte Carina Hülser von jeher ein Faible für das handwerkliche Arbeiten. Ursprünglich wollte sie Schreinerin werden. Doch als Frau sei es damals schwierig gewesen, den Wunsch umzusetzen. Also orientierte sie sich beruflich um, sie wurde Floristin, hat aktuell einen Mini-Job in einem Voerder Blumengeschäft.

Wer bei der Feuerwehr aktiv werden möchte, müsse Teamgeist mitbringen. "Das ist kein Einzelkämpfer-Hobby", betont Carina Hülser. Auch der Wunsch, Menschen in Not zu helfen, ist eine wichtige Voraussetzung. Sie fühle sich bei der Feuerwehr als Frau akzeptiert und so könnten sich dort alle Frauen fühlen. Und: "Frauen können genau das Gleiche, was Männer können. Sie müssen nur Interesse daran haben", ist die 38-Jährige überzeugt.

Ihr Mann findet es gut, dass sie bei der Feuerwehr aktiv ist. Bei größeren Schadenseinsätzen treffen sich beide manchmal. Ihr Mann arbeitet beim Deutschen Roten Kreuz. Dem DRK und der Feuerwehr sei es möglicherweise zu verdanken, dass sie sich überhaupt kennengelernt haben.

Ende der 90-er Jahre, als eine Jugendgruppe aus England in Voerde war, sollte die Jugendfeuerwehr mit den Gästen von der Insel beim großen Zeltlager des DRK während der Kinderferientage zusammentreffen, erinnert sich Carina Hülser. Dort begegnete sie zum ersten Mal dann auch ihrem späteren Mann. Sein Bruder ist auch beim DRK - und er wiederum habe eine Feuerwehrfrau geheiratet.

Und Carina Hülsers Kinder? "Die habe ich an das DRK verloren", sagt sie lachend.

(RP)
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