Köln Silvesterfeiern unter Polizeischutz

Köln · Die Polizei hatte an Silvester landesweit rund zehn Prozent mehr Einsätze als im vergangenen Jahr. In Mülheim riss ein Böller einem Mann drei Finger ab. In Duisburg wurden Rettungskräfte mit Knallkörpern beschossen.

Es ist kurz nach halb zwei am Neujahrsmorgen, als Kölns Oberbürgermeisterin ein erstes vorsichtiges Zwischenfazit über den Verlauf der Silvesternacht zieht. "Wir haben die Sicherheitslage gut und richtig eingeschätzt", betont Henriette Reker. Anders als noch vor einem Jahr ist zu diesem Zeitpunkt rund um den Kölner Dom und den Hauptbahnhof nicht mehr viel los. Die Straßen haben sich bereits geleert. Die, die noch da sind, feiern in den Kneipen und Bars weiter. Sperrungen werden aufgehoben. Das sei im Vergleich zum vergangenen Jahr ein Unterschied wie Tag und Nacht, sagt Kardinal Rainer Maria Woelki.

Die Kölner erlebten wegen der massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen durch Nordafrikaner vor einem Jahr diesmal einen Jahreswechsel unter massivem Polizeischutz. Die Kölner Domplatte war mit Absperrgittern gesichert, es gab Einlasskontrollen und Straßensperren. Feuerwerk war verboten. Nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt wurden unter anderem Betonklötze aufgestellt, um zu verhindern, dass Lastwagen in Menschenmengen fahren konnten. Mehr als 1500 Einsatzkräfte waren zum Schutz der Bevölkerung in der Innenstadt zusammengezogen worden - und das zeigte offenbar auch Wirkung. Der Kölner Polizei waren bis gestern Nachmittag nur sieben Sexualstraftaten bekannt. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden, in dem anderen Fall seien die drei Täter noch flüchtig.

Nicht nur in Köln, sondern landesweit war wesentlich mehr Polizei im Einsatz als sonst an Silvester üblich. Und die Beamten hatten auch deutlich mehr zu tun. 3800 Einsätze meldete die Landespolizei - rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die Sicherheitsbehörden zählten landesweit 444 Verletzte, darunter 33 Polizisten. Knapp 300 Menschen seien in Gewahrsam genommen worden, 54 wurden festgenommen. Die Zahl der Körperverletzungen habe sich im Vergleich zum Silvester vor einem Jahr nahezu halbiert. Sie sank von 723 auf 372. Noch weitaus deutlicher gingen Eigentumsdelikte wie Taschendiebstähle und Raubüberfälle zurück: Nach 335 entsprechenden Taten beim vergangenen Jahreswechsel waren es diesmal nur noch 64.

Auch Rettungskräfte wurden von Alkoholisierten attackiert. Nach Auskunft der Feuerwehr warfen Unbekannte einen Böller durch die offene Seitenscheibe eines Rettungswagens. Der Knallkörper explodierte im Fahrzeug und verletzte dabei einen Mann. Ebenfalls in Duisburg wurden Feuerwehrleute auf der Fahrt zu einem Brand mit Raketen und Böllern beschossen.

In Mülheim an der Ruhr riss ein explodierender Böller einem Mann drei Finger ab. Bei dem Vorfall wurden auch noch zwei weitere Personen zum Teil schwer verletzt - unter anderem wurde eine Person mit Verdacht auf ein geplatztes Trommelfell in eine Essener Spezialklinik gebracht. In Krefeld hinterließ ein vermutlich illegaler Böller nach Polizeiangaben einen 40 Zentimeter tiefen Krater von einem Meter Durchmesser. Er beschädigte drei Haustüren. Ein 39-jähriger Mann behauptete, den gefährlichen Sprengsatz geschenkt bekommen zu haben. Ebenfalls in Krefeld habe ein 20-Jähriger einen Streifenwagen mit Leuchtspurmunition beschossen und beschädigt. Er flüchtete zu Fuß, wurde von den Beamten aber eingeholt und festgenommen.

Außerdem kam es in der Silvesternacht zu einer Reihe größerer Brände. In Mönchengladbach ging eine Schreinerei in Flammen auf, in Essen brannte ein Lager mit 2500 Reifen. Beim Brand eines dreigeschossigen Hauses in der Eifel wurden in Schleiden fünf Menschen verletzt. In Minden brannte eine Autowerkstatt. Anwohner sollten die Fenster geschlossen halten. Bei einer Silvesterfeier im sauerländischen Warstein verletzte sich ein 32-Jähriger bei einem Sprung aus dem Fenster schwer. Er fiel zehn Meter tief und schlug auf einem Holzstapel auf. Für die Oberhausener Polizei sorgte ein 20-minütiger Stromausfall in weiten Bereichen der Ruhrgebietsstadt für zusätzliche Arbeit. Die Dunkelheit des Stromausfalls hätten Unbekannte genutzt, um zahlreiche Autos zu beschädigen. In Köln wurde ein Mann durch "Freudenschüsse" aus einer Kleinkaliberpistole ins Bein getroffen und verletzt. Der 26-jährige Pistolenschütze wurde festgenommen.

Trotz des im Vorfeld angekündigten massiven Polizeiaufgebots traten in einigen nordrhein-westfälischen Städten erneut größere Gruppen von Nordafrikanern in Erscheinung. Am Kölner Hauptbahnhof setzten Polizisten mehrere hundert verdächtige Männer fest, um ihre Identität zu überprüfen. In Essen begleitete die Polizei eine Gruppe von etwa 450 Nordafrikanern. Außer einem Böllerwurf auf einen Polizisten blieb es dabei allerdings friedlich. Auch in Dortmund, Düsseldorf und Münster beobachtete die Polizei Gruppen nordafrikanischer Männer.

(RP/dpa)
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