Zugunglück in Ibbenbüren Traktorfahrer zu Bewährungsstrafe verurteilt

Ibbenbüren/Münster · Ausgerechnet an einem Bahnübergang bei Ibbenbüren löste sich ein Anhänger aus der Kupplung. Der sich nähernde Zug konnte nicht mehr bremsen, zwei Menschen starben. Ein Gericht gibt dem Fahrer nun alle Schuld - obwohl er noch versuchte, das Unglück zu verhindern.

Ibbenbüren: Zug rammt Gülletransporter - zwei Tote
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Eine kurze Kontrolle der Kupplung hätte das Zugunglück mit zwei Toten und vielen Verletzten verhindern können: Weil er fahrlässig handelte und dadurch seinen Gülleanhänger auf einem Bahnübergang verlor, ist ein Traktorfahrer zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Außerdem muss der Angeklagte 2000 Euro Geldbuße zugunsten der Notfallseelsorge zahlen.

Der Richter des Amtsgerichts Ibbenbüren sah es am Montag als erwiesen an, dass der 25-Jährige es versäumt hatte, nachzusehen, ob der Sicherungsbolzen an der Kupplung ordnungsgemäß vorgeschoben war. Weil der Bolzen fehlte, löste sich der Anhänger mit dem Güllefass beim Überqueren der Gleise. Als die Verbindung riss, blockierten die Notbremsen des Anhängers. Weit auf die Schienen ragend blieb er stehen.

Richter wie Staatsanwalt hatten dem Angeklagten zu Gute gehalten, dass er in großer Panik und Verzweiflung alles versucht hatte, das Unglück abzuwenden: Er hatte den Notruf verständigt, versucht Hilfe zu holen. Als sich Minuten später die Schranken senkten, war er wild mit den Armen rudernd in Richtung des Zuges gerannt, um den Lokführer zu warnen. Dass diese Versuche scheiterten bezeichnete sein Verteidiger als "Unglück im Unglück".

Eine Vollbremsung des Zuges kam zu spät. Mit 127 Stundenkilometern prallte die Regionalbahn auf das Hindernis, kam erst mehr als 300 Meter weiter zum Stillstand. Die Fahrerkabine wurde eingedrückt, die vordere Zugseite aufgerissen. Der 41 Jahre alte Lokführer sowie eine 18 Jahre alte Frau an Bord des Zuges starben. 15 Menschen erlitten Verletzungen, einige davon schwer. Der Zugbegleiter leidet nach Aussage seines Anwalts bis heute körperlich und psychisch schwer an seinen Verletzungen und dem Trauma.

Angesichts dieser gravierenden Unfallfolgen könne das Urteil nicht auf eine Geldstrafe begrenzt werden, erläuterte der Richter in Münster, wo das Amtsgericht aus Platzgründen tagte. "Manchmal wird uns durch einen Vorfall wie diesen sehr schmerzlich bewusst, wozu eine Regel da ist", sagte er. Auch wenn der Angeklagte das Gespann in gutem Vertrauen, dass alles ordnungsgemäß angekoppelt sei, übernommen habe, entbinde ihn dies nicht von seiner Sorgfaltspflicht.

Der Angeklagte hatte in dem zwei Verhandlungstage dauernden Prozess das Geschehen aus seiner Sicht geschildert. "Ich würde es liebend gerne rückgängig machen. Ich kann gar keine Worte dafür finden, wie leid es mir tut", sagte er in seinem Schlusswort. Das Urteil ist rechtskräftig.

(lsa/dpa)
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