Wolfgangsee im Sauerland Ein Krebs bedroht das Trinkwasser von 250.000 Menschen

Düsseldorf · Der amerikanische Signalkrebs hat sich im Wolfgangsee im Sauerland eingenistet. Sollten die Tiere zur nahen Aabach-Talsperre wandern, könnte der Wasserspeicher von 250.000 Menschen verseucht werden. Nun muss der Wolfgangsee zugeschüttet werden. Wir erklären die Gründe.

 Der Signalkrebs kommt in Deutschland eigentlich nicht vor. Er wurde eingeschleppt.

Der Signalkrebs kommt in Deutschland eigentlich nicht vor. Er wurde eingeschleppt.

Foto: Erni / Shutterstock.com

Angler kommen gerne hierher. Spaziergänger marschieren bis ans Ufer und gucken über die Wasseroberfläche. Der Wolfgangsee im Sauerland ist ein kleiner idyllischer Baggersee. Mit seinem stattlichen Namensvetter in Österreich hat er aber nicht viel gemeinsam. Entsprechend selten findet er auch Erwähnung. Ganz anders ist das allerdings in diesen Tagen.

"Vor etwa einem Jahr haben wir entdeckt, dass sich der Signalkrebs dort niedergelassen hat", sagt Nicole Rüther, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Naturschutzzentrum Hochsauerlandkreis. "Es ist eine nordamerikanische Krebsart. Er kommt in Deutschland eigentlich gar nicht vor." Dass sich der Krebs im Wolfgangsee aufhält, wäre unproblematisch — doch er bedroht die rund acht Kilometer entfernte Aabach-Talsperre. Ein Speicher, der seit Jahren über 250.000 Menschen mit Trinkwasser versorgt.

Überträger eines tödlichen Pilzes für einheimische Krebse

"Das Problem ist, dass die Quellbäche des Aabachs bis an den Wolfgangsee heranreichen und die Tiere so bis zur Sperre hochwandern können", sagt Rüther. In sich trägt der Signalkrebs den sogenannten Krebspesterreger. Dabei handelt es sich um einen Pilz, der für viele einheimische Krebssorten tödlich ist. "In der Aabach-Talsperre gibt es sehr viele einheimische Edelkrebse. Werden diese mit dem Erreger infiziert, käme es zu einer sehr großen Menge von Kadavern in der Talsperre." Die Folge: Die Wasserqualität könnte sich massiv verschlechtern und somit nicht mehr ausreichend für die Trinkwasserversorgung sein.

"Deswegen ist seit der Entdeckung des Signalkrebses relativ großer Alarm ausgelöst worden", sagt Rüther. Über Monate wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um das Tier aus dem See zu holen. "Wir haben Reusen, also Fangkörbe, aufgestellt und Amphibienzäune installiert, damit der Krebs nicht aus dem See kommen kann." Geholfen hat am Ende nichts. Das Fangen mit den Reusen, sei ein Unternehmen ohne Ende, weil man nie sicher sein könne, dass nicht doch noch irgendwo ein Signalkrebs versteckt sei, sagt Rüther.

Letztlich haben sich der Hochsauerlandkreis und der Aabach-Talsperrenverband für eine andere Lösung entschieden: Der Wolfgangsee - und mit ihm die Signalkrebse - wird komplett zugeschüttet. "Das passiert seit Oktober in mehreren Etappen und wird Mitte Dezember abgeschlossen sein", sagt Rüthel. Der Vorteil: Mit dieser Aktion lässt sich sicherstellen, dass der Signalkrebs tatsächlich ausgerottet wird. Der Nachteil: Viele Tierarten, die im Wolfgangsee leben, schaffen es nicht zu fliehen. "Wir haben zwar viele Fische abgefischt und schütten den See in Etappen zu, damit andere Tiere die Chance haben zu flüchten, aber dass Tiere dabei sterben, lässt sich nicht vermeiden."

Ungefähr ein Jahr soll der Wolfgangsee zugeschüttet bleiben, dann ist eine Renaturierung geplant. "Und davon wiederum hat die Natur sehr viel, weil der See somit auch wieder richtig gepflegt wird", sagt Rüthel.

Die Experten wissen allerdings nicht, wie der Krebs in den See gelangen konnte. "Das ist eine einmalige Situation für uns", sagt Rüther. Von allein könne der Krebs jedenfalls nicht in den See gekommen sein, da er nur durch Grundwasser und nicht durch Zuläufe gespeist werde. Die Vermutung ist deshalb: Das Tier wurde mit Absicht ausgesetzt.

(ham)
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