Interview zum launischen Sommer "Es bleibt bis Ende Juli beim typischen Aprilwetter"

Düsseldorf · Von 30 Grad und strahlendem Sonnenschein ist NRW derzeit weit entfernt. Leider wird sich die Wetterlage bis Ende des Monats nicht stabilisieren. Schuld daran ist aber nicht etwa der Siebenschläfertag. Vielmehr verhageln uns falsche Erwartungen die Laune, sagt ein Wetterexperte.

 Der Regenschirm darf in diesem Juli nicht fehlen.

Der Regenschirm darf in diesem Juli nicht fehlen.

Foto: dpa, mg cul

In den kommenden Tagen sind Wolken und Regen die ständigen Begleiter der Menschen in NRW. Das Thermometer zeigt hartnäckig Temperaturen unter der 20-Grad-Marke an. Wer ist auf die falschen Wetter-Apps verlässt, der steht schnell mal im Regen. Aber warum ist das so? Warum sind wir in diesem Jahr so sehr mit Unwettern und schlechtem Wetter gestraft? Und wann wird es endlich wieder richtig Sommer? Dominik Jung, Diplom-Meteorologe von wetter.net, beantwortet die wichtigten Fragen.

Herr Jung, das Wetter ist seit Wochen ziemlich launisch. Warum ist das so?

Jung Ein wechselhafter Sommer ist eigentlich typisch für unsere Breiten. Viele Menschen sind aber noch immer in dem Modus von 2003, als wir eine regelrechte Hitzewelle hatten. Solch ein Sommer ist aber eher untypisch für Deutschland.

Hatten wir denn einen typischen Juni?

Jung Nein. Der Juni ist uns vor allem durch seine vielen Unwetter im Kopf geblieben. So etwas haben wir noch nie gehabt. Innerhalb von drei Wochen gab es ständig Unwetterwarnungen, die Tiefs Elvira und Frederike haben Schäden in Höhe von 1,2 Milliarden Euro angerichtet. Das Wetter hatte sich einfach sehr festgefahren. Normalerweise ziehen solche Tiefs weiter, doch diese hielten sich hartnäckig. Warme und kalte Luft hat sich ständig getroffen, daher diese starken Unwetter.

Hat das aktuelle Wetter etwas mit dem Siebenschläfertag zu tun? Die Regel besagt ja, dass das Wetter sieben Wochen lang so bleibt wie am Siebenschläfertag.

Jung Das ist völliger Unsinn. Früher war der Siebenschläfertag am 7. Juli, heute ist er am 27. Juni, weil der Papst im Zuge einer Kalenderreform im 16. Jahrhundert zehn Tage aus dem Kalender herausgestrichen hat. Die Siebenschläferregel ist keine Wissenschaft. Es gibt allerdings eine gewisse Treffsicherheit. Statistisch gesehen bleibt das Wetter tatsächlich einige Tage so, das zeigt sich aber vor allem im Süden Deutschlands, nicht aber in Küstennähe. Dort gilt die Regel nicht.

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Können wir in diesen wechselhaften Wetterzeiten den Wetter-Apps auf unserem Smartphone vertrauen?

Jung Den vorinstallierten Apps kann man nicht trauen. Die kommen meist aus den USA oder anderen deutschlandfernen Ländern und die Meteorologen kennen sich mit unserem regionalen Wetter einfach nicht aus. Die haben nur ein grobes Modell.

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Jung Ich nutze Webseiten wie unsere, also aus den heimischen Landen. Die Meteorologen kennen sich hier aus. Natürlich haben wir auch Probleme. Wir können sagen, dass es heute eine Chance gibt, dass es eventuell ein Unwetter geben könnte. Es gibt aber keine 100-prozentige Sicherheit. Wir haben bei unseren Prognosen eine Trefferquote von 95 Prozent.

Mehr als 95 Prozent gehen also nicht?

Jung Manchmal schon. So hat ein großer US-Wetterdienst bereits im Mai vorhergesagt, dass es in Deutschland im Juni eine große Unwetterlage mit Gewittern, Sturzfluten und Tornados geben wird. Sogar die Regionen in Baden-Württemberg und Bayern, die es dann auch getroffen hat, wurden vorhergesagt.

Wie konnten die so exakt sein?

Jung Die haben gut geraten (lacht).

Aber manchmal ist es doch auch so, dass für Düsseldorf ein Gewitter vorhergesagt wird. Dann geht in dem einen Stadtteil die Welt unter, in dem Stadtteil daneben scheint die Sonne. Woran liegt das?

Jung Das ist einfach Pech. Gewitter sind sehr kleinräumig, den einen trifft es, den anderen nicht. Ein Gewitter ist auch ein sehr spontanes Ereignis. Manchmal streift es eine bestimmte Stadt nur und man weiß nicht, wohin es zieht.

Kommen wir zur wichtigsten Frage: Wann wird es endlich Sommer?

Jung Es ist ja schon Sommer. Es ist relativ warm. Wenn Sie aber einen beständigen Sommer meinen, der ist bis Ende Juli nicht in Sicht. Es bleibt beim typischen Aprilwetter.

Gibt es denn Hoffnung für Sonnenhungrige?

Jung Im Moment macht das Wetter eine Talfahrt. Am Wochenende werden es aber wieder bis zu 25 Grad in der Region Düsseldorf. Das hält sich aber nur bis Mitte nächster Woche.

Können wir auf den August hoffen?

Jung Das kann man jetzt noch nicht sagen. Vielleicht gibt es aber auch noch einen schönen Altweibersommer.

Dominik Jung ist 38 Jahre alt und arbeitet als Meteorologe für wetter.net. Er hat seinen Abschluss 2005 an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz gemacht. Seit 2002 ist er beim Portal www.wetter.net tätig, mittlerweile ist er Chefredakteur und Pressesprecher des Unternehmens. www.wetter.net gehört zur Q.met GmbH, Wiesbaden.

(jeku)
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