Weltklimakonferenz in Bonn "Ich habe Klimawandel mit eigenen Augen gesehen"

Auf der Weltklimakonferenz in Bonn kommen Menschen aus aller Welt zusammen, die sich für die Umwelt und gegen den Klimawandel stark machen. Unser Autor hat drei von ihnen getroffen. Ihr Appell: "Wir müssen jetzt handeln".

Weltklimagipfel in Bonn: Aktivisten demonstrieren
20 Bilder

Aktivisten demonstrieren gegen Weltklimagipfel in Bonn

20 Bilder
Foto: afp

Fast unüberschaubar ist die Zahl und Vielfalt der Organisationen, Initiativen und Gruppen, die jenseits der offiziellen Regierungsdelegationen aus allen Himmelsrichtungen zur Weltklimakonferenz ("23rd Conference of the Parties", kurz Cop23) nach Bonn gekommen sind. Die Spannbreite reicht von der "All India Women's Conference", die den Kampf indischer Frauen gegen den Klimawandel und für Gleichberechtigung vertritt, über die "Nepal Federation of Indigenous Nationalities", die den Beitrag indigener Völker für den Klimaschutz beleuchtet, bis zur "World Organization of the Scout Movement", die das gleiche für die Pfadfinder und ihre Klimaschutzanstrengungen tut.

Eine der Teilnehmerinnen, die um die halbe Welt geflogen ist, um ihr Anliegen zu vertreten, ist Iva Nancy Vunikura. Geboren ist Vunikura auf den Fidschi-Inseln. Aber ihre eigentliche Heimat ist das Meer. Über 60.000 Seemeilen hat sie nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren zwischen den Inseln des Südpazifiks zurückgelegt, auf einem zerbrechlich erscheinenden, zweirümpfigen Segelkanu. Vunikura ist in den von Männern geprägten Gesellschaften der Inseln eine Ausnahmeerscheinung, eine Bootsführerin, eine Navigatorin — sie hat eine Position, die traditionell Männern vorbehalten ist. Nun steht sie schüchtern im Kunstlicht in der Zeltstadt der Bonn-Zone an einem kleinen Stand der Organisation "okeanos — Stiftung für das Meer" des deutschen Unternehmers Dieter Paulmann. Die Organisation baut unter Verwendung traditioneller und moderner Materialien kleine, aber hochseetüchtige Katamaran-Segelboote, mit denen die Inseln untereinander preiswert Verbindung halten können. Wenn der Wind ausbleibt, treiben statt Dieselkraftstoff Solarstrom oder Kokosnussöl die Boote an.

"Ich habe die Folgen des Klimawandels mit eigenen Augen gesehen", sagt die stämmige Frau mit dem blondierten Haarschopf. "Ich habe gesehen, wie auf den Marshall-Inseln in den vergangenen Jahren der Meeresspiegel gestiegen ist."

Auch den Zyklon "Winston", der im vergangenen Jahr die Fidschi-Inseln heimsuchte und 42 Menschen das Leben kostete, führt sie auf Klimaänderungen zurück. Windgeschwindigkeiten von bis zu 230 Stundenkilometern waren selbst für die sturmerprobten Insulaner neu. "Das hat mit dem Klimawandel zu tun", sagt die Bootsführerin. Nun ist sie an den Rhein gekommen, um sich als eine von rund 250.000 Cop23-Teilnehmern für Maßnahmen einzusetzen, damit die südpazifische Inselwelt vor dem Untergang gerettet wird. "Wir sind hier, damit unsere Stimme gehört wird", sagt Vunikura. "Es ist eine besondere Welt da draußen. Wir müssen sie beschützen."

Nicht in den unendlichen Weiten den pazifischen Meeres, sondern in den staubtrockenen Landstrichen Westafrikas ist die Organisation aktiv, die Amarys Preuss vertritt: "The Nubian Vault" ("das nubische Gewölbe"). Die unter anderem von einem französischen Zimmermann gegründete, im französischen Montpellier ansässige Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, in den Trockengebieten der Sahelzone die Wohnsituation zu verbessern. Zu diesem Zweck werden Wohnhäuser preiswert und klimaschonend mit heimischen Werkstoffen wie Lehmziegeln gebaut. Zudem schult "The Nubian Vault" Einheimische darin, wie sie Häuser dieser Art selbst errichten können. "Wir sind nach Bonn gekommen, um unsere Partnerorganisationen zu treffen", sagt Preuss. "Alle sind hier." 2500 Häuser für 30.000 Menschen hat die Organisation nach Preuss' Angaben errichtet, 700 heimische Handwerker ausgebildet.

Was die Erfolgsaussichten der Cop23 angeht, kann sie ihre Skepsis nicht verbergen. "Bislang hat sich ja nicht viel getan", meint die Französin, deren Großeltern 1933 vor den Nazis aus Berlin fliehen mussten. "Jetzt hoffen wir, dass endlich etwas passiert. Wir haben die Techniken, wir haben die Lösungen", sagt sie fast beschwörend. "Jetzt müssen wir nur noch handeln."

Zurück in die ozeanischen Weiten: Die Britin Karen Hollows steht am Stand von Peace Boat, einer vor 30 Jahren gegründeten japanischen Initiative, die weltweit Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung fördern will. Dafür hat die Organisation ein Kreuzfahrtschiff gechartert, auf dem die Passagiere auf hoher See und in Häfen an Studienkursen, Vorlesungen oder Kulturveranstaltungen teilnehmen können.

Und was hat das mit dem Klimawandel zu tun? 2020, erzählt Hollows, soll das "Ecoship" ihrer Organisation auslaufen, das "weltweit grünste Kreuzfahrtschiff" mit um 40 Prozent reduzierten CO2-Emissionen verglichen mit herkömmlichen Schiffen dieser Größe. "Schließlich", sagt Hollows, "sitzen wir ja alle im selben Kanu." Nur dass auf diesem Platz sein soll für bis zu 2000 Passagiere.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort