Starkregen-Phänomen Darum tobte das Unwetter nur an bestimmten Orten

Düsseldorf · Der Regen hatte NRW in der vergangenen Nacht fest im Griff. Aber während die Wassermassen mancherorts sintflutartig vom Himmel fielen, regnete es oft wenige Kilometer weiter kaum. Was ist los mit dem Wetter in NRW? Eine Expertin gibt Antworten.

Überschwemmungen in Sonsbeck
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Überschwemmungen in Sonsbeck

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Foto: Arnulf Stoffel

Die Lage im Überblick:

In der Nacht zum Donnerstag wurde NRW von heftigen Unwettern getroffen. In Düsseldorf wurden Tunnel- und Straßen gesperrt, der Kreis Wesel hat inzwischen den Katastrophenfall ausgerufen. Andernorts allerdings hat es zwar geregnet, von Wassermassen kann aber nicht die Rede sein. Wie ist das möglich? Und wieso spielt das Wetter überhaupt so verrückt? Cornelia Urban, Meteorologin beim DWD in Essen, beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Regenfällen.

Laut den Messstationen des DWD in NRW war die Niederschlagsmenge extrem unterschiedlich. Die größte Wassermenge ging im Kreis Wesel nieder. Dort fielen in Xanten 111 Liter Wasser pro Quadratmeter pro Stunde, in Hamminkeln waren es sogar 120 Liter pro Quadratmeter.

Zum Vergleich: Von Starkregen sprechen Meteorologen ab 30 Liter pro Quadratmeter. "Und in NRW beträgt das durchschnittliche Monatsmittel 73 Liter pro Quadratmeter. Da kam also in einer Stunde fast doppelt so viel herunter, wie sonst in einem ganzen Monat", sagt die Meteorologin im Gespräch mit unserer Redaktion. Ebenfalls sehr starke Regengüsse gab es in Wesel (98 Liter/Quadratmeter), Walbeck (89) und in Geldern (87).

Neben den teils hohen Wassermengen fiel an den Regengüssen allerdings auch auf, dass sie extrem punktuell niedergingen. So regnete es etwa in Hünxe, das ebenfalls im Kreis Wesel liegt, laut DWD nur elf Liter pro Quadratmeter.

Und auch in Düsseldorf zählte die Messstation des DWD am Flughafen gerade mal elf Liter Regen pro Quadratmeter. Doch nur wenige Kilometer weiter südlich in den Stadtteilen Eller und Wersten gingen bis zu 45 Liter pro Quadratmeter nieder und setzten Keller und Wohnhäuser unter Wasser.

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Während es in Tönisvorst etwa 41 Liter Regen pro Quadratmeter schüttete, fielen im gerade mal zehn Kilometer entfernten Grefrath nur 21 Liter.

Durch NRW, so wie weite Teile Deutschlands, ziehen in diesen Tagen viele Gewitterzellen. Sie tragen meist große Wassermassen mit sich, sind aber nicht besonders groß.

"So eine Gewitterzelle hat in der Regel eine Breite von wenigen Kilometern, manchmal sogar nur 100 Meter", sagt die Meteorologin vom DWD. "Wenn sie eine längere Zeit mehr oder weniger an einer Stelle steht und dort dann Faktoren wie steigende Wärme, Feuchtigkeit und aufsteigender Wind hinzukommen, dann schüttet die Zelle ihr Wasser auf einmal aus und es kommt zu extrem starken Schauern - aber eben nur innerhalb eines relativ kleinen Gebiets."

Vorstellen könne man sich das laut Expertin wie Wasser, das in einem Topf erhitzt wird. "Erwärmt ist das Wasser - also das Klima durch das Tiefdruckgebiet schon - jetzt fehlen nicht mehr viele Faktoren, um es zum Siedepunkt zu bringen."

Was in dem Vergleich die Wasseroberfläche ist, ist in der Realität die Erdatmosphäre. Beginnt sie durch die Mischung aus hoher Luftfeuchtigkeit, Wärme und aufsteigenden Winden zu brodeln, kommt es - wie bei kochendem Wasser - zu Blasen, die an verschiedenen Stellen auf der Oberfläche auftauchen - entsprechend zu sich entleerenden Gewitterzellen am Himmel. "So kann es passieren, dass innerhalb einer Stadt ein Viertel sehr stark betroffen ist, und das daneben kaum Regen abbekommt."

Zwar kann der Rhein als eine Art Wetterscheide wirken, in diesem Fall verneint die Meteorologin das jedoch. Der Prozess hinter den starken Gewittern habe mit der aufgeladenen Erdatmosphäre zu tun, und nicht damit, dass der Fluss die Gewitterzellen speise.

Grundsätzlich kann das aber durchaus vorkommen: "Wenn der Rhein zum Beispiel kälter ist als das Land, kann es sein, dass den Gewittern die Wärmezufuhr fehlt, wenn sie über den Fluß wandern. Dann stoppt der Regen plötzlich." Dass dies in der Nacht zu Donnerstag nicht der Fall gewesen sei, erkenne man laut der Expertin aber daran, dass die Gewitter über den Fluss bis nach Holland gezogen sind und dort für starken Niederschlag gesorgt haben.

Nein. Zwar besteht laut Urban die Möglickeit, dass sich die Regenfälle an denselben Stellen wiederholen, aber die Gewitterzellen könnten ebenso gut wandern. Eine Prognose darüber, wo es in den nächsten Tagen regnen wird, sei deshalb nicht möglich. Sicher lasse sich laut DWD aber sagen, dass auch in den kommenden Tagen mit Starkregen, Gewittern und teils auch Hagel zu rechnen ist. Weitere Infos dazu finden Sie hier.

(ham)
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