Unfall-Statistik für NRW Weniger Tote, aber mehr schwere Lkw-Unfälle an Stauenden

Düsseldorf · Die Zahl der Toten im NRW-Straßenverkehr sinkt, obwohl die Zahl der Unfälle zunimmt. Als besondere Gefahrenquelle nennt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) den Lkw-Verkehr.

 Im November starben auf der A3 bei Ratingen mehrere Menschen, nachdem ein Laster auf ein Stauende gerast war.

Im November starben auf der A3 bei Ratingen mehrere Menschen, nachdem ein Laster auf ein Stauende gerast war.

Foto: CHRISTOPH REICHWEIN

Die Zahl der Unfälle auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen ist 2017 leicht gestiegen: Um 2,1 Prozent auf knapp 653.500. Die Zahl der Verkehrstoten ging allerdings um 40 auf 484 Menschen zurück. "Das ist der beste Wert seit vier Jahren", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag bei der Vorstellung der Statistik.

1960 gab es in NRW noch 4709 Verkehrstote. "Die Gurtpflicht, die Ächtung von Alkohol am Steuer und die sicherer gewordenen Autos" sind laut Reul wesentliche Ursachen für den langfristig sinkenden Trend. Aber aus Sicht des Ministers ist dies kein Grund für Entwarnung: "Unfälle sind kein Schicksal. In 95 Prozent aller Fälle werden sie von Menschen verursacht", sagte Reul. Und so hat die Verkehrsunfallstatistik 2017 auch ihre Schattenseiten.

Vor allem stieg die Zahl der schweren Lastwagenunfälle an Stauenden in NRW stark an. Waren es 2013 noch 135, wurden im vergangenen Jahr schon 194 dieser oft tödlichen Unfälle registriert. 19 Menschen kamen allein auf diese Weise 2017 ums Leben, im Vorjahr wurden noch Todesopfer weniger registriert.

Deshalb will Reul die Lkw-Fahrer künftig stärker in den Fokus von Kontrollen nehmen. Sie seien oft übermüdet oder durch Mobiltelefone abgelenkt. Notbremsassistenten, die den Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen messen und automatisch Bremsungen auslösen, würden die Lkw-Fahrer oft abschalten. "Sie wollen im Windschatten von anderen Lkw fahren, oder sie langweilen sich schlichtweg, wenn alles automatisch passiert", nannte Reul als Gründe.

Er will sich dafür einsetzen, dass solche Systeme nicht mehr manuell abgeschaltet werden können. Roman Suthold vom ADAC Nordrheinbegrüßte das. Zugleich gabe er den Autofahrern den Rat, "wenn sie an ein Stauende ranfahren, sofort die Warnblinkanlage einzuschalten, genug Abstand zu halten und regelmäßig einen Blick in den Rückspiegel zu werfen."

Außerdem will Reul die Polizei schon in der kommenden Woche landesweit gezielt den Lkw-Verkehr kontrollieren lassen, was von der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG unterstützt wird . Allerdings forderte sie dafür auch mehr Personal für die Überwachung der Lkw sowie mehr technische Abstandsmessgeräte.

Zunehmende Sorgen bereiten dem NRW-Innenminister ältere Menschen auf Fahrrädern mit elektronischem Hilfsmotor - den sogenannten Pedelecs. Denn die Zahl der bei Pedelec-Unfällen getöteten Menschen stieg 2017 drastisch von zwölf auf 21. 18 davon waren älter als 64 Jahre, 15 sogar älter als 74 Jahre. Reul warnte: "Normalerweise beschränkt die Muskelkraft auf Fahrrädern das Tempo. Bei Pedelecs greift dieses natürliche Tempolimit nicht." Gerade ältere Nutzer seien mit den Pedelec-Geschwindigkeiten deshalb oft überfordert. Reuls Rat: Ein Training bei der Verkehrswacht, Fahrradhelme und mehr Bewusstsein für eine angemessene Fahrweise.

Zu beklagen waren 2017 auch 84 tödlich verunglückte Motorradfahrer - neun mehr als 2016. Das ist der höchste Wert seit fünf Jahren. Hier gibt es offensichtlich auch einen Zusammenhang mit der neuerdings ebenfalls wieder stark steigenden Zahl von Motorradfahrern in NRW. Mehr als jeder zweite Biker verursache den Unfall selbst - meist wegen überhöhter Geschwindigkeit, sagte Reul. Grundsätzlich beklagte der Minister den Umgang der Verkehrsteilnehmer untereinander: "Es gibt eine höhere Aggressivität im Straßenverkehr, nicht nur bei Autofahrern, sondern auch bei Radfahrern."

(tor)
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