Tod eines Kindes im Kreis Kleve Zahl der Grippefälle steigt rasant

Kevelaer · Ein achtjähriges Mädchen aus dem Kreis Kleve ist an Herzversagen nach einer Grippeinfektion gestorben. Das ergab die Obduktion. Die Zahl der Influenza-Fälle in der Region hat sich fast verdoppelt.

Feuerwehr überprüft ehemaliges Militärgelände in Kevelaer
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Foto: Guido Schulmann

Der Tod eines achtjährigen Mädchens aus dem Kreis Kleve, das am Sonntagabend in der Essener Uniklinik gestorben war, beunruhigt Eltern in Kevelaer. Dienstag erfolgte die Obduktion der Achtjährigen. Nach dem vorläufigen Ergebnis der Rechtsmediziner war das Kind mit dem Grippevirus infiziert und erlag einem Herzversagen. Inwieweit Vorerkrankungen in der Familie zu den dramatischen Krankheitsverläufen führten, soll durch weitere Untersuchungen geklärt werden, hieß es in einer Erklärung der Polizei.

Laut Informationen unserer Redaktion wird vermutet, dass das Mädchen an einer Immunschwäche litt. Auch die fünf Geschwister haben sich angesteckt. Sie werden weiter stationär behandelt. Vermutlich leiden auch die Geschwister an dieser Immunschwäche. Wie bedrohlich ihre Erkrankung ist, sei derzeit noch nicht abzuschätzen, hieß es.

Zunächst hatte man die Ursache für den Tod des Mädchens in atomaren, biologischen oder chemischen Belastungen des Wohnortes vermutet, da die Familie in einem Haus auf einem früheren Munitionsgelände lebt. Dort wurden aber keinerlei Hinweise gefunden.

Das Robert-Koch-Institut meldet in der aktuellen Grippesaison eine deutlich erhöhte Ansteckung mit Grippeviren in Deutschland. Grippefälle sind nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig. Besonders im Osten Deutschlands erkrankten in den vergangenen Wochen besonders viele Menschen an einer Influenza. In Nordrhein-Westfalen mussten sich in den kalten Monaten 2015/2016 wie im Vorjahr bislang etwa 4000 Patienten mit einer Grippe herumplagen, berichtet Annette Jurke vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen. Allein in Kevelaer ist die Zahl der Grippeerkrankten von 49 Fällen im Vorjahr auf bislang 86 Erkrankte gestiegen, so die Kreissprecherin Ruth Keuken.

Hingegen waren in den Grippemonaten 2013/2014 in NRW insgesamt nur 300 Menschen an einer Grippe erkrankt. Dass die Zahlen so stark schwanken, liege auch daran, dass sich die Impfstoffe jedes Jahr anders zusammensetzen würden, erklärt Jurke. "Je nachdem, welche Grippeviren zuvor auf der Südhalbkugel beobachtet werden."

Besonders heftig wurde Deutschland zwischen Herbst 2012 und Frühjahr 2013 von der Grippe getroffen: In NRW wurden 6000 Erkrankte gemeldet und bundesweit etwa 20.000 Grippetote geschätzt. Die Dunkelziffer könne bei der Zahl der Grippetoten allerdings um einiges höher liegen, heißt es beim Landeszentrum Gesundheit. Denn eine Influenza als alleinige Todesursache zu benennen, sei nur schwer möglich, sagt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut. Die häufigste Todesursache nach einer Grippeerkrankung sei eine Lungenentzündung. Häufig werde die genaue Todesursache gerade bei älteren Patienten, die oftmals an Grunderkrankungen leiden, allerdings gar nicht genauer bestimmt. Manche Grippewellen würden aber auch nahezu gar keine Todesopfern fordern.

Auffällig sei in diesem Jahr, dass der Virustyp B besonders häufig vorkomme, sagt Annette Jurke. Bundesweit ist der Anstieg der Grippe-fälle vor allem diesem Typ zuzuordnen. Es werden drei verschiedene Influenza-Arten, je nach Erregertyp A, B oder C, unterschieden. Virustyp A gilt als aggressivere Grippeform, wohingegen der Virus Typ B in der Regel ein eher "unauffälliger Typ" sei, so Susanne Glasmacher. Aber auch daran könne man sterben. Typ C komme nur selten vor. Zum Typ A zählt etwa der Subtyp H1N1, der seit 2009 allgemein als Schweinegrippe bekannt ist. Der Schweinegrippe-Virus macht derzeit bundesweit etwa die Hälfte der Grippeerkrankungen aus. Etwa die andere Hälfte wird aktuell durch den Virustyp B verursacht, der besonders häufig bei Schulkindern vorkomme. Das Gesundheitsamt macht in Grippefällen alle ausfindig, die unmittelbaren Kontakt mit der erkrankten Person hatten. Im Fall des Mädchens aus Kevelaer sei das Ostermontag passiert.

Dass ein Kind an einer Grippe sterbe, sei allerdings sehr selten, sagen Experten. Ärzte raten weiterhin, bei einer Grippeerkrankung nicht in Panik zu verfallen. Bei hohem Fieber sei der Weg zum Arzt der richtige, sagt Kinderarzt Wolfgang Brüninghaus aus Kleve. Dass die Zahl der Erkrankungen in diesem Jahr sehr hoch ist, bestätigt er. In der vergangenen Woche seien an einem Tag alleine 100 Kinder mit grippalen Infekten in seine Praxis gekommen. Aber nicht hinter jedem Schnupfen stecke eine echte Grippe. Als normal gelte auch hohes Fieber über einige Tage hinweg, so der Arzt. Eine Grippe lasse sich vor allem durch den plötzlichen Beginn von einem weniger starken grippalen Infekt unterscheiden, der sich über einen längeren Zeitraum ankündige.

(RP)
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