NRW Streit um Karnevals-Knigge für Flüchtlinge

Mönchengladbach/Köln · Der kroatische Botschafter will die Verteilung eines Flugblatts verhindern, das auch in der Sprache seines Landes abgefasst ist. Grund: Es würden sich keine Kroaten unter den Flüchtlingen befinden.

Der Mönchengladbacher Karnevals-Knigge für Flüchtlinge
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Das ist der Karnevals-Knigge für Flüchtlinge

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Der Mönchengladbacher Karnevals-Knigge für Flüchtlinge wird zu einem Fall für die internationale Diplomatie. Der kroatische Botschafter in Deutschland, Ranko Vilovic, hat den Mönchengladbacher Karnevalsverband (MKV) aufgefordert, das Flugblatt nicht weiter zu verteilen. Grund ist, dass die Broschüre, die das Brauchtum erklärt sowie Einladungen und die wichtigsten Karnevals-Termine auf Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Türkisch und Arabisch enthält, auch auf Kroatisch verfasst ist — obwohl es gar keine kroatischen Flüchtlinge in Deutschland gebe.

In einem Brief, der unserer Redaktion vorliegt, schreibt Vilovic, dass Kroaten die am besten integrierten Ausländer in der Bundesrepublik seien. "Folglich erachten wir es als unangebracht, dass die kroatische Sprache auf einer Broschüre aufgeführt wird, welche an die neuangekommenen Flüchtlinge gerichtet ist, und bitten, dass diese Broschüren nicht weiter in Mönchengladbach oder anderen Städten verteilt werden", heißt es in dem Schreiben weiter.

Mönchengladbacher Karnevalisten: "Das geht zu weit"

Die Mönchengladbacher Karnevalisten reagierten empört. "Das geht zu weit", sagte der MKV-Vorsitzende Bernd Gothe. "Wir haben dem Botschafter mitgeteilt, dass wir die Verteilung nicht einstellen werden. Wenn er das will, muss er eine einstweilige Verfügung erwirken." Der MKV habe die kroatische Sprache als eine der Sprachen vom Balkan gewählt, die weitverbreitet sind. "Der Flyer ist auch auf Türkisch, obwohl wir keine türkischen Flüchtlinge haben", betonte Gothe.

Die Broschüre enthält auch Verhaltensregeln der Stadt, dass etwa Umarmungen und Küsschen auf die Wange keine sexuellen Annäherungsversuche seien. Mönchengladbach ist nicht die einzige Stadt in NRW, die in dieser Session einen solchen Knigge für Flüchtlinge herausgebracht hat. Damit reagierten einige Kommunen auf die sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Kölner Silvesternacht.

Auch Bonn hat eine Broschüre

In Bonn schärft die Stadt den Zuwanderern in einer Broschüre ein, dass sexuelle Belästigung nicht erlaubt sei. "Nein bedeutet Nein", heißt es in dem Blatt in verschiedenen Sprachen. In Köln weist das Festkomitee Kölner Karneval in einem Ratgeber für Flüchtlinge darauf hin, dass Freundlichkeit und Respekt oberstes Gebot seien.

Die Landesregierung droht Flüchtlingen in ihrem Informationsblatt für die jecken Tage indirekt mit Abschiebung. "Die Begehung von Straftaten kann direkte Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus in Deutschland haben. Täter riskieren das Gastrecht", heißt es darin.

Crashkurs der Caritas in Köln

Damit es so weit erst gar nicht kommt, erteilte die Caritas am Dienstag 130 Flüchtlingen in Köln einen "Karnevals-Crashkurs". Mit Blaskapelle und Sambatruppe wurden die Asylbewerber mit den Besonderheiten der fünften Jahreszeit vertraut gemacht. Auf dem Lehrplan standen der richtige Umgang mit Alkohol, Flirten, Annäherungsversuche, Bützchen, Schunkeln und Umarmungen.

"Wer einer Frau ungewollt zu nahe rückt, bekommt riesigen Ärger", erklärte Caritas-Dozent Peter Schmitz. "Ich habe den Auftrag, Menschen zu integrieren. Und das ist meiner Meinung nach nicht drin, ohne den Menschen den Karneval zu erklären. Irgendeiner muss das ja tun", sagte er. Bei den Flüchtlingen kam der Unterricht gut an, wie etwa bei den Iranerinnen Fatemeh Tazehkandi und Ava Jalali, die sogar als Mäuse verkleidet an dem Crashkurs teilnahmen. "Wir freuen uns schon sehr auf Karneval und haben durch den Unterricht viel gelernt", sagten sie.

(csh)
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