Nachwuchssorgen Sternsinger in NRW dringend gesucht

Düsseldorf/Moers · In vielen Gemeinden in NRW ist die Zahl der Sternsinger in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Mancherorts können deswegen nicht mehr alle Häuser von den Heiligen drei Königen gesegnet werden. Auch Begleiter fehlen.

 Jakob, Lukas und Till sind am Mittwoch als Sternsinger durch Moers gezogen und haben mit Kreide den Segen "20*C+M+B+18" an Hauswände geschrieben. Ihre Kronen und Kostüme haben sie selbst gebastelt.

Jakob, Lukas und Till sind am Mittwoch als Sternsinger durch Moers gezogen und haben mit Kreide den Segen "20*C+M+B+18" an Hauswände geschrieben. Ihre Kronen und Kostüme haben sie selbst gebastelt.

Foto: christoph reichwein

Das stürmische Wetter kann die drei kleinen Könige Jakob Schneider (11), Lukas Schneider (8) und Till Teuber (8) am Nachmittag nicht davon abhalten, in Moers den Neujahrssegen zu verkünden. Schon im ersten Haus, an dem die drei klingeln, freuen sich die Bewohner über ihr Kommen und den gesungenen Neujahrsgruß "Wir wünschen euch ein fröhliches Jahr - Caspar, Melchior, Balthasar." Jeder, der möchte, bekommt von Lukas, der den Stern der Weisen hochhält, einen Tür-Segen als Aufkleber mit dem Zeichen "20*C+M+B+18" überreicht. Die meisten wollen das.

Die drei Jungen aus Moers gehören zu den knapp 300.000 Sternsingern, die derzeit bundesweit von Haustür zu Haustür ziehen, um den Segensspruch C+M+B (Christus mansionem benedicat - Christus segne dieses Haus) anzubringen und Geldspenden für notleidende Kinder zu sammeln. Seit Jahren werden es jedoch kontinuierlich weniger Kinder, die das in ihrer Freizeit noch machen. "In den 90er Jahren waren es noch rund 500.000", sagt Thomas Römer, Sprecher des bundesweit für die Sternsinger-Aktionen zuständigen Kindermissionswerks. "Bei uns melden sich mittlerweile immer häufiger Gruppenleiter, die berichten, dass sie nicht mehr so viele Kinder finden wie in den Vorjahren und dass man deshalb Probleme habe", sagt er.

Diesen Trend kann man beim Erzbistum Paderborn bestätigen. "Man kann sicherlich sagen, dass es noch mehr Sternsinger geben könnte, dass es für die Gemeinden aber schwerer wird, genügend Kinder und Jugendliche - und begleitende Eltern - zu finden", sagt Thomas Throenle vom Erzbischöflichen Generalvikariat. In den meisten anderen Bistümern in NRW sieht es ähnlich aus - neben Kindern fehlen erwachsene Begleiter.

Viele Häuser können nicht mehr besucht werden

In einigen Gemeinden im Kreis Kleve ist es in diesem Jahr bereits so, dass wegen Nachwuchsmangels viele Haushalte nicht mehr von Sternsingern besucht werden können. In der Pfarrgemeinde St. Franziskus in Uedem fehlen zwischen 20 und 25 Kinder im Alter von acht bis 14 Jahren. Die Gemeinde hat deswegen einen öffentlichen Aufruf gestartet, damit sich doch noch ein paar Kinder melden. Auch in Moers sind es weniger Sternsinger als noch vor einigen Jahren. Insgesamt fünf Gruppen seien diesmal unterwegs. "Wir hatten auch schon mal acht Gruppen", sagt Vera Marquardt (31), die Jakob, Lucas und Till begleitet.

Der Nachwuchsmangel bei den Sternsingern ist aber kein flächendeckendes Problem. "Auch wenn ein genereller Rückgang zu verzeichnen ist, ist es noch nicht so, dass überall Kinder fehlen", sagt Römer. So könne es sein, dass in der einen Gemeinde ausreichend Sternsinger vorhanden sind, während schon in der Nachbargemeinde Kinder fehlen, die das Amt übernehmen wollen. "Das hängt auch immer damit zusammen, wie lebendig eine Gemeinde ist", erklärt er. Wo und wie viele Sternsinger genau fehlen, können die Bistümer nicht sagen, weil man darüber keine Statistik führe.

Über die Gründe für das wachsende Desinteresse an der Tradition könne man nur spekulieren, heißt es bei den Bistümern. Beim Kindermissionswerk ist man sich sicher, dass es nicht den einen, sondern mehrere Gründe gibt. "Die Gesellschaft hat sich verändert. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich für andere zu engagieren, geht ja überall zurück", sagt Römer. "Auch das Freizeitverhalten ist heute ein anderes als vielleicht noch vor 20 Jahren. Familien verreisen zum Jahreswechsel mittlerweile viel häufiger als früher."

Tradition seit dem 16. Jahrhundert

Ein Großteil der Sternsinger ist seit vielen Jahren dabei. "Sie inspirieren mit ihrem Engagement, das nicht selbstverständlich ist, auch Geschwister und Freunde", sagt Stefan Wieland vom Bischöflichen Generalvikariat Aachen. Dieses Engagement verdiene die Unterstützung aller, um ihre Motivation, sich für andere einzusetzen, zu stärken, betont er. Auch die drei kleinen Könige Jakob, Lukas und Till aus Moers sind nicht zum ersten Mal dabei. Ihre Kostüme und Kronen haben sie selbst gebastelt und die Verse geübt.

Zu Beginn der Sternsinger-Tradition, die sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, waren es meist notleidende Wanderarbeiter und Spießgesellen, die als Sternsinger um Almosen bettelten, weil sie in den Wintermonaten keine Arbeit fanden, oder es waren Schüler, die sich auf diese Weise ihr Schulgeld verdienten. Das wissen auch Jakob, Lukas und Till. Und sie wissen natürlich auch ganz genau, für wen sie in diesem Jahr Geld sammeln. "Für die Kinder in Indien", sagt Jakob und ergänzt: "Damit diese nicht arbeiten müssen, in die Schule gehen können und so aus dem Armutskreislauf rauskommen."

(RP)
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