Diskussion um St. Martin Faktencheck: Verdrängen "Lichterfeste" die Martinsfeiern?

Düsseldorf · Immer wieder hört man den Vorwurf, im Namen der political correctness würden Martinsfeiern in "Laternenfest" oder "Lichterfest" umbenannt. Aber stimmt das überhaupt? Wir haben uns bei mehr als 200 Grundschulen am Niederrhein umgehört.

St. Martin bleibt Tradition - Lichterfeste an einer Hand abzählbar
Foto: Martin Ferl

Immer wieder hört man den Vorwurf, im Namen der political correctness würden Martinsfeiern in "Laternenfest" oder "Lichterfest" umbenannt. Aber stimmt das überhaupt? Wir haben uns bei mehr als 200 Grundschulen am Niederrhein umgehört.

Ist das traditionelle Martinsfest vom Aussterben bedroht? Es ist ein oft gehörtes Lamento bei besorgten Bürgern und AfD-Anhängern: So weit gehe die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes schon, dass an immer mehr Kitas und Grundschulen keiner mehr vom heiligen Martin spreche. Stattdessen griffen wohlmeinende Rektoren und Erzieherinnen auf konfessionsneutrale Bezeichnungen wie "Lichterfest" oder gar "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" zurück.

Unsere Redaktion hat nachgeforscht - bei weit über 200 Grundschulen in Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach und Krefeld. Das Ergebnis: Lichterfeste gibt es zwar in der Region. Aber ihre Anzahl ist verschwindend gering.

So haben sich in den genannten Großstädten nur zwei Schulen für abweichende Namen entschieden: Die Don-Bosco-Montessori-Gemeinschaftsgrundschule in Oberkassel veranstaltete eine Laternenausstellung, die sie zuvor als "Lichterfest" angekündigt hatte. Die Bezeichnung sei auch gewählt worden, "um Integration zu erleichtern", sagt die kommissarische Schulleiterin Nanette Weidelt. In Krefeld wiederum veranstaltet die GGS Lindenschule einen Laternenumzug. Sämtliche andere Grundschulen in Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach und Krefeld - mehr als 200 - bezeichnen ihre Martinsfeiern als das, was sie sind: Martinsfeiern.

Stichproben bei Kitas und in anderen Städten in NRW ergaben ein ähnliches Bild. Außer an jüdischen oder evangelischen Einrichtungen sind Martinsfeste die Regel, Lichter- oder Laternenfeiern die große Ausnahme. So feiert in Moers der Waldorfkindergarten ein Laternenfest, ebenso wie die Grundschule Pappelsee in Kamp-Lintfort. In Wülfrath wird einzig im Quartier Ellenbeek ein Laternenfest gefeiert. Ein Lichterfest gibt es außerdem an einer Grundschule in Hilden.

In Düsseldorf hatte erst kürzlich das Deutsche Rote Kreuz angekündigt, in seinen Kitas statt der zuvor angekündigten "Lichterfeste" doch lieber klassisch St. Martin feiern zu wollen.

(Pascal Pillath/met/rls)
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