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Schüler, Eltern, Lehrer in NRW 46 Tage ohne Schule — die Pläne für die Ferien

Düsseldorf · Tiana (9) wird nicht die Schule, aber ihre Klassenlehrerin vermissen. Eine Familie muss die Kinderbetreuung organisieren. Und ein Lehrer fordert, dass seine Kollegen sich nicht mehr für Ferien schämen.

 Für die Geschwister Tiana und David Pütz aus Issum können die Ferien gar nicht lang genug sein.

Für die Geschwister Tiana und David Pütz aus Issum können die Ferien gar nicht lang genug sein.

Foto: Markus van Offern, Daniel Schmitt

Die Geschwister

Tiana Pütz (9), 3. Klasse, Nikolausschule in Issum:

"Für mich sind die Sommerferien definitiv zu kurz. Denn bei den Ferien ist es so: Man denkt, es sind erst zwei oder drei Wochen rum, dabei sind es tatsächlich schon sechs. Es gibt aber auch einen Grund, warum ich mich freue, wenn die Ferien wieder vorbei sind. Dann sehe ich nämlich endlich meine Freundinnen wieder. Als wir einmal auf Mallorca Urlaub gemacht haben, habe ich eine Postkarte gekauft und an meine Klasse geschickt. Darin stand: ,Liebe Klasse 3a, wir sind in Spanien. Wir haben schönes Wetter. Ich vermisse euch sehr?. Meine Klassenlehrerin vermisse ich übrigens auch. Die Schule aber nicht so. Ich schaue auch in den Ferien nicht in meine Schulbücher, das muss ich ja früh genug wieder, weil die Ferien für mich viel zu kurz sind."

David Pütz (12), 7. Klasse, Realschule an der Fleuth in Geldern:

"Also ich finde die Länge der Sommerferien okay. Nur die Winterferien könnten noch ein oder zwei Wochen länger sein. Ich kann ganz gut damit leben, meine Schulfreunde und die Lehrer sechs Wochen nicht um mich zu haben. Ich kann mich schon ganz gut allein beschäftigen. Wenn meine Freunde nicht gerade in Urlaub gefahren sind, treffe ich mich mit ihnen zum Longboard fahren. Die Schule vergesse ich aber trotzdem nicht. Weil Englisch nicht so mein Fach ist, habe ich mir schon vorgenommen, sobald wir neue Vokabeln bekommen, mit dem Lernen anzufangen. Ich will zwar nicht so extrem lernen wie vor einer Arbeit, aber alle zwei, drei Tage Vokabeln pauken. Da bleibt dann noch ein bisschen Zeit für schöne Dinge wie Faulenzen, Schwimmen gehen und Freunde treffen. Außerdem sehen wir unsere Oma öfters, weil sie immer auf uns aufpasst, wenn unsere Eltern nicht da sind. Die arbeiten nämlich beide - auch in unseren Ferien."

Die Eltern

Andy (43) und Romana (37) Schmidt, Supervisor eines Logistik-Unternehmens und Doku-Managerin bei Siemens, leben mit Justin (12) und Melina (8) in Issum:

Romana Schmidt: "In diesem Jahr haben wir seit langem mal wieder gemeinsam Urlaub. Bisher ging das nicht, denn es gab das Betreuungsproblem der Kinder in den Ferien. Sechs Wochen Sommerferien sind nach dem Schulstress auf jeden Fall angebracht. Aber die Ferienbetreuung bringt uns auch ins Schwitzen. Drei Wochen sind abgedeckt durch den Offenen Ganztag der Nikolausschule in Issum, die unsere Tochter besucht. Unser Sohn geht auf die weiterführende Schule. Eine Ferienbetreuung wird da nicht angeboten. Deswegen nutze ich die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Denn drei Wochen muss ich in den Ferien auf jeden Fall im Job sein. In meinem Team bin ich nicht die Einzige mit schulpflichtigen Kindern. Da sind Absprachen nötig."

Andy Schmidt: "Ähnlich sieht es bei mir aus. Wir sind ein Team von 30 Leuten, da können nicht mehr als drei oder vier gleichzeitig in Urlaub gehen - auch wenn Familien bevorzugt werden. Oma oder Opa, die schnell mal einspringen könnten, wohnen dafür zu weit weg. Deswegen haben wir bisher immer im Wechsel in den Sommerferien Urlaub genommen. Die erste bis dritte Woche meine Frau, dann ich, damit die Kinder nicht alleine sind. Als es einmal eine Betreuungslücke gab, sind die Kinder zu den Großeltern nach Ostdeutschland gefahren."

Romana Schmidt: "Ich selbst bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen, dort gab es neun Wochen Sommerferien. Ich war meistens bei meiner Mutter im Büro. Für die Schulkinder gab es Ferienlager. Die Kosten übernahm der Staat."

Andy Schmidt: "Auch wenn wir es in diesem Jahr geschafft haben, gleichzeitig frei zu haben, fahren wir nicht weg. Wir haben gerade erst neu gebaut, der Garten ruft. Wir eröffnen die Pool-Saison."

Der Lehrer

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Arne Ulbricht (43) unterrichtet an einem Berufskolleg in Mettmann:

"Lehrer werden ständig auf die Ferien, vor allem auf die Sommerferien angesprochen, und schon die kleinste, oft ironisch gemeinte Bemerkung werten sie leider als persönlichen Angriff auf ihr Arbeitsethos und beginnen, sich zu rechtfertigen, indem sie in der Regel auf ihr Arbeitsaufkommen verweisen (das in Stoßphasen sehr hoch sein kann) und auf Korrekturen, die in den Ferien anfallen. Und natürlich: Ferien werden in der Tat oft genutzt, um entweder zu korrigieren oder weniger zu arbeiten und auf diese Art und Weise Überstunden abzubummeln.

Offiziell haben Lehrer übrigens ,nur? genauso viele Urlaubstage wie alle anderen Angestellten im Öffentlichen Dienst auch, also 30. Denn laut der Allgemeinen Dienstordnung für Lehrer dienen ,Ferienzeiten, die über den Urlaubsanspruch hinausgehen, ? der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts (?)?. Darüber hinaus dürfen Schulleiter die Kollegen zur Präsenzpflicht in der letzten Ferienwoche verdonnern. Machen die meisten aber nicht. Deshalb bleibt es dabei: Lehrer haben im Sommer sechs Wochen am Stück frei. Das entspricht einem kompletten Jahresurlaub eines Angestellten.

Dennoch empfehle ich, dass wir dringend aufhören sollten, uns durch Hinweise auf unsere Belastungen für unsere Ferien quasi zu entschuldigen: Stattdessen sollten wir mit einem Lächeln auf den Lippen einfach dazu stehen, dass vor allem die Sommerferien (in denen kein Lehrer korrigieren muss) der reine Wahnsinn sind. Und dass wir in den Sommerferien den Bonus sehen, den wir auf unserer Gehaltsabrechnung stets vergeblich suchen. Es ist vollkommen unverständlich, warum wir oft den Eindruck erwecken, wir würden uns für die Vorzüge unseres Berufs, vor allem für die Ferien, schämen.

Die ersten drei Wochen verbringe ich mit meiner Familie in Frankreich. Meine Frau bleibt allerdings nur zwei Wochen. Sie muss dann wieder arbeiten. In der letzten Woche fahre ich an die Ostsee. Meine Frau kommt vielleicht mit: Sie muss erst ihre Urlaubstage zählen."

(RP)
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