Skat-Clubs am Niederrhein fehlt Nachwuchs Geschmiert, gestochen und bedient

Duisburg · Immer weniger junge Menschen lernen Skat, den Clubs fehlt der Nachwuchs. Skat bietet Mit- und Gegeneinander, Unterhaltung und Wettbewerb, aber gegen Handys und Konsolen kommt das analoge Hobby kaum an.

 Skat-Runde (Symbolbild).

Skat-Runde (Symbolbild).

Foto: Reichwein

Jeden Donnerstagabend sitzen in der "Kegler Schänke" in Duisburg gut 20 Leute und rufen sich gegenseitig Zahlen zu: "18 ... 20 ... 2 ... 0 ... 4 ...". Die Anderen am Tisch antworten entweder mit "jo", oder "hab ich" oder mit "weg!". Danach wird bedient, gestochen und reingeschmiert, nach zwei Minuten ist der Spuk vorbei, und es geht wieder von vorne los. Die Menschen, die dort je zu dritt an einem Tisch sitzen, spielen Skat. Das analoge Hobby hat jedoch ein Problem: Es mangelt am Nachwuchs.

In der Duisburger Spielgemeinschaft sind knapp zwei Drittel der Mitglieder über 60, der Jüngste ist 35. Die "Asse Drücker" ist einer von 31 Skatclubs der Verbandsgruppe 41 des deutschen Skatverbands (DSkV). In der gesamten Verbandsgruppe mit 438 Spielern ist nicht einer jünger als 21. Die Clubs sind über den ganzen Niederrhein verteilt und heißen "Rheinbuben", "Gemütlichkeit" oder "Gute Laune". Sie treffen sich Woche für Woche in Kneipen und spielen für zwei Stunden Skat.

Klingt nach einer herzlichen Runde für ältere Damen und Herren, und genau das ist es im Laufe der Zeit auch geworden: Jugendliche und Kinder lassen sich fürs Kartenspielen nicht mehr begeistern. Oder mit den Worten des Pressewarts Thomas Lehnen: "Gegen den Computer und die Playstation haben wir schlechte Karten."

Skat an der Schule

Dabei kann Skat etwas, woran moderne Videospiele seit Jahren arbeiten: Spieler so zusammenzustellen, dass jeder gleichstarke Gegenspieler hat und niemand frustriert aufgibt, weil er "keinen Stich machen" kann. Bei den "Asse Drückern" werden zu Beginn jeder Saison die Startpartien ausgelost. Wenn die ersten Punkte geholt wurden, werden die Spieler entsprechend ihres Punktestands zusammengestellt. "Das System haben wir schon seit 1974", sagt Michael Kosog, Vorsitzender der Verbandsgruppe.

Jeder Tisch ist quasi eine kleine Liga für sich. An Tisch eins sitzen die Punkthöchsten, unter ihnen auch Thomas Lehnen, der im vergangenen Jahr sogar an der deutschen Meisterschaft teilnahm. An Tisch sieben sitzen zwar die Punktschwächsten, aber gerade für Einsteiger ist das genau richtig: Dort geht es deutlich entspannter zu, die Karten fliegen nicht ganz schnell, und zwischen den Runden ist auch mal Zeit für ein Schwätzchen. Die Spieler genießen einfach das Spiel.

Um Kinder und Jugendliche fürs Skatspielen zu begeistern, fördert man beim DSkV unter anderem die Einrichtung von Skat AGs an Schulen. "Für manche ist Skat eine spielerische Mathe-Nachhilfe", sagt Jugendleiterin Sabine König. Beim Skat spiele das Mit- und Gegeneinander eine genauso große Rolle wie der sportliche Ehrgeiz. Erfahrene Skatspieler für AGs zu finden, die auch mit Kindern arbeiten können, sei allerdings nicht immer einfach. Der DSkV bietet eine umfangreiche Anleitung dazu auf seiner Internetseite an. "An einigen Schulen herrscht auch das Vorurteil, Skat sei ein Glücksspiel", sagt König. Die Anerkennung als immaterielles Kulturerbe durch die Unesco helfe hoffentlich, Vorurteile abzubauen.

Weltmeisterschaft in Las Vegas

Die Konkurrenz auf dem Schulhof durch Smartphone, Internet und viele weitere Freizeitmöglichkeiten ist groß. "Sie alle brauchen Zeit, und diese fehlt dann zum Kartenspielen", sagt Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt. Früher seien in der Schulpause Karten rausgeholt worden, heute würde fast nur aufs Handy geschaut, gepostet und gechattet. "Mit ein Grund ist sicherlich die Suche der Jugendlichen nach schnellen Erfolgen", sagt Reinhardt. Bevor man gut Skat spielen könne und gewinne, dauere es den Jugendlichen oft zu lange. "Jugendliche haben aber auch deutlich weniger unverplante Zeit als früher. Entsprechend springen sie von einer Aktivität zur nächsten." Veränderung sieht Reinhardt auch in den Gewohnheiten der Familien. Viele Eltern machten sich nicht mehr die Mühe, Kindern Kartenspiele überhaupt beizubringen.

Eine Renaissance des Skatspielens kann sich Reinhardt aber trotzdem vorstellen. Denn es ginge dabei auch um Geselligkeit und Gemeinschaft. Und eigentlich würden sich auch Jugendliche lieber öfter treffen, als nur darüber zu skypen und zu chatten, dass sie sich mal wieder treffen sollten. Vielleicht ja sogar in Las Vegas, dort fand die vergangene Weltmeisterschaft statt. Im Skat.

(cha)
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