Islamistischer Terror-Anschlag in Essen 16-Jährige sollen zur Salafisten-Szene gehören

Essen · Hinter der Explosion bei der indischen Religionsgemeinschaft stecken offenbar Salafisten. Zwei 16-Jährige gestanden die Tat teilweise. Es wäre der erste Islamisten-Anschlag in NRW, der nicht gescheitert ist oder verhindert wurde.

Essen: Drei Verletzte bei Explosion auf Sikh-Hochzeit
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Terror-Anschlag: Explosion auf Sikh-Hochzeit in Essen

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Foto: ap

Der Bombenanschlag auf ein Sikh-Gebetshaus in Essen mit drei Verletzten am vergangenen Samstag war nach Einschätzung der Polizei ein islamistischer Terroranschlag. "Wir gehen von einem solchen Akt aus. Die beiden Beschuldigten haben klare Bezüge zur Terrorszene", sagte Essens Polizeipräsident Frank Richter: "Wir rechnen damit, dass es weitere Festnahmen geben wird."

Nach Informationen unserer Redaktion könnten die beiden Teil einer kleineren Zelle aus der radikalen Salafistenszene in NRW sein. "Jetzt wird ermittelt, welche Kontakte sie in diese Szene hatten", sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD). Wenn sich die Vermutungen bestätigen, handelt es sich bei der Explosion um den ersten islamistischen Anschlag in NRW, der nicht gescheitert ist oder von den Behörden verhindert wurde.

Die beiden Festgenommenen sind Jugendliche im Alter von 16 Jahren, die in Essen und Gelsenkirchen gemeldet sind. Einer von ihnen habe sich freiwillig der Polizei gestellt, der andere sei von einem Spezialeinsatzkommando in seinem Elternhaus festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Beide seien polizeibekannt gewesen. Ob hinter dem Anschlag die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) steckt, sei zurzeit unklar, so Richter. Die Beschuldigten hätten die Tat zum Teil eingeräumt. Ein Richter erließ Haftbefehl gegen beide Verdächtige.

Einer der Festgenommenen hatte offenbar losen Kontakt zur "Lohberger Brigade" aus Dinslaken, die eigentlich als aufgelöst gilt. Mitglieder dieser Islamisten-Gruppe hatten sich dem IS in Syrien angeschlossen. "Wir prüfen mögliche Verbindungen", hieß es aus Sicherheitskreisen.

Der Anschlag war nach einer indischen Hochzeit verübt worden. Der Sprengsatz detonierte am Eingang des dortigen Zentrums der Sikh-Religionsgemeinschaft. Dabei wurden drei Menschen verletzt, darunter der Priester der Sikhs. Er wurde schwer verletzt auf die Intensivstation des Essener Universitätsklinikums gebracht, konnte diese aber mittlerweile wieder verlassen.

Der Fahndungserfolg der 100-köpfigen Sonderkommission der Polizei ist vor allem Zeugenaussagen aus der Bevölkerung und Videoaufnahmen zu verdanken. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Theo Kruse, bezeichnete die rasche Festnahme der Salafisten als "eine Lehrstunde der inneren Sicherheit".

NRW ist Hochburg des Salafismus

Unklar ist bislang aber noch, wieso die Täter die Sikhs als Anschlagsziel auswählten. Der Sprengsatz war in einem Rucksack transportiert worden. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, wie einer der Täter ihn am Eingang des Gebetshauses ablegt und wie die Bombe kurz darauf explodiert. Die Ermittler müssen auch klären, ob die jungen Männer die Bombe selbst bauten oder dabei Hilfe hatten. Die Fahnder hoffen, auf den Handys und Computern der beiden Hinweise zu finden.

NRW gilt bundesweit als Hochburg des Salafismus. Die Islamisten verteilten sich auf 40 kleinere, mittlere und größere Zellen, hieß es aus Kreisen des Verfassungsschutzes. Aktiv seien sie besonders im Rheinland und Ruhrgebiet. Etwa 20 der landesweit 850 Moscheen stehen unter Beobachtung der Fahnder. Dort, vermuten Sicherheitsexperten, verkehren Islamisten und werben neue Anhänger an. "Die NRW-Polizei handelt entschlossen gegen diese Extremisten", betonte Jäger.

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