Vorerst bleibt es bei "schwerbehindert" "Schwer in Ordnung"-Ausweis - NRW zieht nicht mit

Düsseldorf · In mehreren Bundesländern gibt es den Schwerbehindertenausweis mittlerweile in neuer Verpackung: "Schwer in Ordnung"-Ausweis statt "Schwerbehindertenausweis" steht auf der Hülle. In NRW aber bleibt es vorerst beim Standard-Ausweis.

 "Schwerinordnungausweis" hat die Pinneberger Schülerin Hannah auf die Hülle ihres Ausweises geschrieben.

"Schwerinordnungausweis" hat die Pinneberger Schülerin Hannah auf die Hülle ihres Ausweises geschrieben.

Foto: dpa, bra pil

Was tun, wenn einen die Bezeichnung "Schwerbehindertenausweis" stört? Für die 15-jährige Schülerin Hannah Kiesbye aus Schleswig-Holstein ist die Lösung einfach: Die Hülle des Ausweises neu gestalten. Auf ihrer steht jetzt "Schwer in Ordnung"-Ausweis. Hannahs einfache Idee schlägt hohe Wellen: In mehreren Bundesländern gibt es die Hüllen jetzt offiziell. Nach Brandenburg, Hamburg und Rheinland-Pfalz hat zuletzt Niedersachsen nachgezogen. Auch dort heißt es jetzt "schwer-in-Ordnung" statt "schwerbehindert".

In Nordrhein-Westfalen diskutieren zurzeit unterschiedliche Vereine, Verbände und Organisationen über das Thema. Aktuell werden in NRW gar keine Hüllen für den Ausweis ausgegeben — also auch keine "Schwer in Ordnung"-Hüllen. Auf Anfrage unserer Redaktion heißt es vom Sozialministerium dazu: "Wer eine solche Hülle nutzen möchte, beschafft sie sich selbst. Im Übrigen wird der Schwerbehindertenausweis heute im Scheckkartenformat ausgegeben, so dass im Normalfall gar keine Hülle benötigt wird." Zudem lägen keine Hinweise vor, dass Inhaber des Schwerbehindertenausweises in NRW sich durch diese Bezeichnung diskriminiert fühlen.

Der Sozialverband VdK NRW unterstützt die Idee einer "Schwer in Ordnung"-Hülle dennoch. Der Begriff "behindert" habe leider einen negativen Beigeschmack, sagt Alissa Schreiber, Referentin für Sozial- und Kommunalpolitik des VdK. Bereits auf dem Schulhof würde er als Schimpfwort benutzt. Mit einer anderen Bezeichnung wäre der Ausweis moderner und positiver besetzt.

In NRW haben nach Angaben des Sozialministeriums rund 1,5 Millionen Menschen einen Schwerbehindertenausweis. Das sind etwa acht Prozent aller Menschen, die hier leben. In den meisten Fällen bekommen die Betroffenen ihre Behinderung erst im Alter.

Oft ist eine Krankheit der Auslöser, zum Beispiel Krebs oder Diabetes. Unter bestimmten Bedingungen gelten aber auch chronische Krankheiten wie Tinnitus als eine Schwerbehinderung. Generell gilt ein Mensch in Deutschland als schwerbehindert, wenn der Grad seiner Behinderung bei 50 oder höher liegt. Die Grundlage dafür ist das Sozialgesetzbuch IX.

Hülle ist ein erster Schritt

Die neue Aufschrift auf der Hülle ist das eine — die Umbenennung des Dokuments an sich das andere. Gerade in Bundesländern wie NRW, in denen keine Hülle für den Ausweis ausgegeben wird, würde nur eine Änderung des Schwerbehindertenausweises selbst etwas ändern. Genau das regt die Bundesvereinigung Lebenshilfe an.

Philipp Peters von der Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen steht voll hinter der Idee. Die Umstellung zum Scheckkarten-Format vor einigen Jahren sei der erste Schritt gewesen, den Ausweis zu modernisieren. Die Umbenennung wäre ein weiterer. "Es wäre ein Schritt, um den Betroffenen mehr Privatsphäre zu geben — zum Beispiel im Bus", sagt Peters.

Auch der VdK NRW findet die Idee, den Ausweis generell umzubenennen, gut. Am besten gefällt dem Verband der Name "Teilhabe-Ausweis". "Damit würde der Aspekt der Zugehörigkeit von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt.", sagt Alissa Schreiber. Der VdK möchte das Thema ab jetzt in Gespräche unter anderem mit dem Sozialministerium einbringen. Außerdem kann er sich vorstellen, sich in einem Bündnis mit mehreren Organisationen dafür stark zu machen.

Im Sozialministerium in Düsseldorf ist eine neue Bezeichnung für den Schwerbehindertenausweis bisher noch nicht diskutiert worden. Grundsätzlich stünde einer "Modernisierung" des Namens aber nichts entgegen, so das Ministerium. Allerdings liegt die Entscheidung darüber nicht bei den einzelnen Bundesländern, sondern beim Bund.

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