Hambacher Forst RWE rodet am Tagebau unter Polizeischutz
Kerpen · RWE rodet wieder am Braunkohle-Tagebau Hambach. Jetzt fallen Bäume auch südlich der alten A4. Für die Gegner überschreitet der Energiekonzern eine "rote Linie". Darum tritt die Polizei massiv auf.
Brennende Barrikaden, Attacken auf Polizeistreifen mit ausgelegten Krallen und Steinen, brennender Bagger und brennende Trafos. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach skizziert am Montag die "Gewalteskalation" der letzten Wochen im alten Hambacher Forst. Und die Polizei befürchtet weitere Gewaltaktionen.
Für den Energiekonzern RWE ist wieder Rodungssaison an dem Braunkohletagebau. Aber am Montag erinnert die Arbeitssituation der Waldarbeiter im Hambacher Forst an einen Ausnahmezustand. Die Polizei schützt die Arbeiten mit einem massiven Aufgebot an Beamten.
Denn für die Aktivisten unter den Braunkohlegegnern ist mit Montag der Tag "X" gekommen: Es fallen die ersten Bäume südlich der alten A 4 zwischen Aachen und Köln. Damit überschreitet der Energiekonzern aus ihrer Sicht eine "rote Linie". Auch wenn die alte A4 nur eine symbolische Linie ist, die Polizei nimmt die Situation sehr ernst.
"Die Überschreitung der so genannten roten Linie könnte von einem Teil des Protestspektrums als Provokation verstanden werden", begründet Weinspach die umfangreichen Maßnahmen. Die Polizei werde so lange vor Ort bleiben, bis die Rodungsarbeiten beendet seien.
Vor einem Monat hatten 1000 Menschen entlang der alten Autobahntrasse mit einer Menschenkette eine "rote Linie" gezogen und RWE signalisiert: "Bis hier und nicht weiter". Südlich der alten A4 sollte der Konzern nicht mehr roden. Friedlicher Protest, starke Symbolik - irgendwie auch letzte Hoffnung, RWE könnte einlenken.
Südlich der alten Autobahn 4 zwischen Köln und Aachen, die früher durch den Hambacher Forst führte, kreischen jetzt die Motorsägen, krachen Bäume zu Boden - alte Stileichen, Buchen und Birken.
Gefühlt ist überall Polizei: Schon auf der Zufahrt hinter dem kleinen Ort Morschenich, auf der alten Autobahntrasse, die nur noch eine sandige Piste ist, im Wald selbst - in Rufweite zu den gut getarnten Baumhäusern von Aktivisten, die ganz in der Nähe ein Wiesencamp haben. Ein Polizeihubschrauber scheint in der Luft zu stehen.
Der Waldpädagoge Michael Zobel ist seit Jahren im Widerstand.
Beständig, friedlich. Seit Jahren erklärt er Menschen in Führungen, was da unwiderruflich verloren geht: Bürgern, Schülern, Naturschützern, Kirchen. Er war am frühen Montagmorgen da, als die ersten Bäume jenseits der "roten Linie" zu Boden krachten.
"Das, was heute passiert, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich seit Monaten für friedliche Lösungen und für den Erhalt der Lebensgrundlagen rund um den Hambacher Forst engagieren", stellt er in einer Mitteilung fest. Jeder umgefallene Baum werde noch mehr Menschen mobilisieren, sich aktiv einzusetzen, für den Wald und gegen eine überholte Politik einzusetzen.