Serie Rheinliebe Schwimmer im Rhein leben gefährlich

Düsseldorf · Jedes Jahr warnen Experten vor dem Baden im Rhein. Dennoch gehen viele in dem Fluss schwimmen. Selbst im flachen Wasser kann es gefährlich werden durch Unterströmungen, die einem die Füße wegziehen.

 Gefährliche Unterströmungen im Rhein entstehen unter anderem durch das starke Verkehrsaufkommen der großen Lastkähne.

Gefährliche Unterströmungen im Rhein entstehen unter anderem durch das starke Verkehrsaufkommen der großen Lastkähne.

Foto: Bretz, Andreas

Wer im Rhein schwimmt, geht ein Risiko ein. Immer wieder überschätzen Menschen ihre Kräfte und müssen auf tragische Weise lernen, dass die Strömungen des Rheins mächtiger sind als sie. Wenn sie Glück haben, werden sie lebend gerettet. Doch für viele kommt jede Hilfe zu spät. Leider lernen die Menschen nicht daraus, sagt Michael Grohe von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).

Serie Rheinliebe: Schwimmer im Rhein leben gefährlich
Foto: dpa, ve

Dass Schwimmen im Rhein gefährlich ist, wissen die meisten. Doch gerade, wenn es heiß wird, werfen viele ihre Vernunft über Bord. Dann hören sie nicht mehr auf die Warnungen der Experten und gehen in dem Strom baden. Selbst im flachen Wasser kann es gefährlich werden durch Unterströmungen, die einem die Füße wegziehen. Hat einen der Fluss erstmal hineingezogen, ist es selbst für geübte Schwimmer schwierig, wieder ans Ufer zu gelangen.

Bei Niedrigwasser weniger gefährlich

Der Rhein besitzt eine Fließgeschwindigkeit von bis zu zwölf Kilometern pro Stunde, je nach Wasserstand. "Das heißt aber nicht, dass es bei Niedrigwasser weniger gefährlich ist, weil das Wasser langsamer fließt", sagt Markus Grewe, Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamts Köln. Denn dann sei der Strom schmaler, und man komme den Schiffen auch schneller zu nah.

In der Mitte, wo die Schiffe fahren, kann die Fließgeschwindigkeit höher sein. Mehr als 100.000 Schiffe machen den Rhein zur meist befahrenen Wasserstraße Europas. "Es herrschen hohe Geschwindigkeit, hoher Zeitdruck und eine hohe Frequenz", sagt Grohe. Er habe es mehrfach erlebt, dass er bei Patrouillenfahrten auf sehr uneinsichtige Menschen treffe, die sagen: "Meine Oma ist bereits im Rhein geschwommen." Doch früher, so erklärt Grohe, seien die Schiffe und ihre Motoren kleiner gewesen. Und Schiffe erzeugen Sog und Wellen. Selbst wenn er dann auf die Gefahren hinweist, meinen immer noch viele, dass sie dem Strom gewachsen sind.

Gerade diese Selbstüberschätzung ist einigen zum Verhängnis geworden. Etwa 50 Menschen sterben laut Grohe jedes Jahr in NRW in strömenden Gewässern und Seen. Denn auch in Baggerseen lauern Gefahren durch Unterströmungen.

Unterströmungen im Rhein entstehen unter anderem durch das starke Verkehrsaufkommen der großen Lastkähne. Je nachdem, wie viele Schiffe unterwegs sind, gibt es mehr Bewegung im Strom, und auch der Wasserstand ändert sich dadurch täglich. Brückenpfeiler, Hafenanlagen oder Landestellen verändern die Strömung und machen sie unberechenbar. Die Wasserbewegungen eines Schiffs sind noch zu spüren, wenn es bereits zwei Kilometer weitergefahren ist. Wenn man als Schwimmer in den Sog eines Schiffs gerät, wird es tückisch: Die Kähne entwickeln eine Rückströmung, die einen Menschen am Schiff entlang schnell und unkontrolliert ans Heck in Richtung Schraube schleudert, deren Sogwirkung man nur schwer entkommen kann. Häufig mit fatalen Folgen. "Die Kähne besitzen eine Länge von bis zu 270 Metern. Ein Schiffsführer hinten auf der Brücke kann einen Schwimmer vor dem Schiff wegen des toten Winkels nicht wahrnehmen - und selbst wenn, auch nicht bremsen", erklärt der DLRG-Retter.

Badestellen werden schnell gefährlich

Vermeintlich sichere Badestellen am Ufer können sich ebenfalls schnell als gefährlich entpuppen. Gerade zwischen den Buhnen, kleinen Wällen aus Steinen, die quer zum Ufer ins Wasser ragen, bilden sich gefährliche Wirbel und Strudel. "Sie sind nicht sichtbar, so dass sie selbst geübten Schwimmern von unten die Beine wegziehen können", sagt Michael Grohe. Vor allem für Kinder sind sie gefährlich. Sie werden von der Kraft des Wassers mangels Gewicht schnell umgeworfen. Schuld daran sei der sogenannte Wellenschlag: Ein vorbeifahrendes Schiff zieht Wasser in die Strommitte. Wenn es weiter gefahren ist, schwappt die Welle oben zurück und kann ein Kind umwerfen, gleichzeitig zieht die Strömung es von unten in den Fluss.

Trotz aller Gefahren ist das Schwimmen nur an bestimmten Stellen im Rhein verboten, so etwa an Hafenmündungen, Brücken, Schiffs- und Fähranlegestellen sowie an Schiffsbauwerften. "Ein generelles Verbot wäre schwierig durchzusetzen", sagt der Wasserretter. Die Unglücksfälle passieren seiner Meinung nach häufig dort, wo das Baden nicht erlaubt ist. "Viele ignorieren Gesetze. Mit gesundem Menschenverstand ist das nicht zu erklären. Ich würde lieber in ein Freibad gehen oder an einen Badesee, wo es eine Aufsicht gibt." Gar nicht verstehen kann Grohe Eltern, die ihren Nachwuchs im Rhein baden lassen. "Das ist, als würde ich meine Kinder am Standstreifen der Autobahn spielen lassen."

(RP)
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