Nach den Übergriffen von Köln Nun gerät auch Innenminister Ralf Jäger unter Druck

Düsseldorf/Köln · Nach dem Rauswurf des Kölner Polizeipräsidenten gerät auch Innenminister Ralf Jäger (SPD) in die Kritik. Der Vorwurf: Er banalisiere Straftaten und habe zu spät auf das Versagen in Köln reagiert. Köln rüstet sich derweil für Demonstrationen von "Pegida", Pro Köln und Linksbündnis.

 NRW-Innenminister Ralf Jäger sieht sich nach den Übergriffen von Köln wachsender Kritik ausgesetzt.

NRW-Innenminister Ralf Jäger sieht sich nach den Übergriffen von Köln wachsender Kritik ausgesetzt.

Foto: ap

Die Kritik an Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) wächst. Die Opposition im Landtag wirft dem Ressortchef vor, zu spät nach den Kölner Übergriffen reagiert und auch an anderen Orten des Landes die Lage nicht im Griff zu haben.

CDU-Landeschef Armin Laschet warf Jäger im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag) das "Schönreden und Banalisieren von Straftaten" vor.
"No-Go-Areas und rechtsfreie Räume wie am Silvestertag in Köln gibt es auch an anderen Orten des Landes." FDP-Fraktionschef kritisierte:
"Eine komplette Woche hat der Innenminister zugelassen, dass falsche sowie völlig unzureichende Informationen über die Vorfälle in Köln kursiert sind." Die Piratenpartei verlangte Jägers Entlassung.

Eine Woche nach den massiven Übergriffen gegen Frauen in Köln hatte die Landesregierung am Freitag mit dem Rauswurf von Polizeipräsident Wolfgang Albers die Notbremse gezogen. Zugleich benannte das Bundesinnenministerium am Freitag erstmals Asylbewerber als Tatverdächtige bei den Krawallen. Dabei ging es aber überwiegend um Körperverletzungen und Diebstähle, nicht um Sexualdelikte. Zahlreiche Opfer und Zeugen sexueller Übergriffe in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof hatten von Täter nordafrikanischer oder arabischer Herkunft gesprochen.

Der Bund der Kriminalbeamten (BDK) beklagte eine zu milde Bestrafung immer wieder auffallender Täter. Mit nordafrikanischen Tätern gebe es seit Jahren Probleme besonders im Bereich Taschendiebstahl, Ladendiebstahl, Kfz-Aufbruch, Einbruch und Raub, sagte der Kölner BDK-Bezirksvorsitzende Rüdiger Thust am Freitagabend im ZDF. "Diese Täter sind bekannt, sie arbeiten arbeitsteilig, sie arbeiten sehr gewalttätig, werden immer wieder festgenommen, immer wieder laufengelassen - und das ist unser Problem."

Ähnlich argumentierte der CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl: "Wichtig ist dann auch, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Der Rechtsstaat muss jetzt zeigen, dass er handelt, und die Bestrafung darf durchaus auch abschreckend wirken", sagte er der "Bild"-Zeitung (Samstag).

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach sich für eine schnellere Abschiebung krimineller Flüchtlinge aus. "Wer das Grundrecht auf Asyl schützen will, muss es auch gegen diejenigen verteidigen, die es beanspruchen und dann die Grundregeln unseres Zusammenlebens missachten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Deshalb sei es richtig, nochmal zu prüfen, ob Abschiebungen weiter erleichtert werden könnten.

Die Spitze der großen Koalition hatte sich am Freitag offen gezeigt für eine rasche weitere Verschärfung des Asylrechts. "Ich glaube, es gibt Ansätze dafür, dass man Änderungen vornehmen muss", sagte die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel am Abend zu Beginn einer zweitägigen Klausur der Parteispitze in Mainz. SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel signalisierte Unterstützung. Offen ist, ob die SPD-Linke mitzieht.

Die neue Vertreterin der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR in Deutschland, Katharina Lumpp, mahnte aber auch eine ausreichende Integration an. "Der Schlüssel für gute wirtschaftliche und soziale Integration ist dabei, dass die Flüchtlinge sich schnell selbst versorgen und vor allem die Kindern und Jugendlichen Zugang zu Bildung haben", sagte sie der "Frankfurter Rundschau".

Die Massenübergriffe auf Frauen in der Silvesternacht sind am Samstag auch zentrales Thema bei Demonstrationen rechter und linker Gruppen am Samstag in Köln. Zu einem Marsch durch die Innenstadt mit Start am Hauptbahnhof (14 Uhr) hat die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung NRW unter dem Motto "Pegida schützt!" aufgerufen. Die rechtsextreme Partei Pro Köln unterstützt die Pegida-Demo. Nach Polizeiangaben erwarten die Veranstalter rund 1000 Teilnehmer.

Zu einer Gegenkundgebung will das Bündnis "Köln stellt sich quer" (ab 12 Uhr) seine Sympathisanten auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptbahnhofs versammeln. Das Bündnis protestiert unter dem Motto "Nein zu rassistischer Hetze! Nein zu sexueller Gewalt!".

Die Polizei rechnet mit erheblichen Verkehrsbehinderungen in der Kölner Innenstadt und sieht sich mit einem "starken Aufgebot" ausreichend gerüstet, wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet. Die Route der "Pegida"-Demonstration mit den Stationen Breslauer Platz, Theodor-Heuss-Ring, Hauptbahnhof dürfte vielen Beamten noch gut in Erinnerung sein. Es ist dieselbe wie bei der Demonstration der Gruppierung "Hooligans gegen Salafisten" im Oktober 2014, bei der es zu massiven Ausschreitungen kam.

(dpa)
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