Prozess gegen SS-Wachmann "Buchhalter von Auschwitz" soll als Zeuge aussagen

Detmold · Im Detmolder Auschwitz-Verfahren um den früheren SS-Wachmann Reinhold Hanning soll der vor einem Jahr in Lüneburg verurteilte "Buchhalter von Auschwitz" als Zeuge aussagen. Mehrere Nebenkläger haben am neunten Prozesstag beantragt, Oskar Gröning vorzuladen.

 Oskar Gröning, hier bei dem Prozess gegen ihn in Lüneburg im Juli 2015, soll im Auschwitz-Prozess in Detmold aussagen.

Oskar Gröning, hier bei dem Prozess gegen ihn in Lüneburg im Juli 2015, soll im Auschwitz-Prozess in Detmold aussagen.

Foto: ap

Gröning und Hanning, beide heute 94 Jahre alt, waren weitgehend zur gleichen Zeit in Auschwitz eingesetzt. Gröning wurde im Juli 2015 wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen zu vier Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Er könnte vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, wenn es am Detmolder Landgericht zur Ladung kommt.

Hanning ist wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen angeklagt. Seine Verteidiger betonten, sie wollten sich dem Antrag der Nebenkläger nicht verschließen. Zuvor wollen sie aber eine Erklärung verlesen, in der sie sich jedoch nicht zu den Anklagevorwürfen äußern wollen. Außerdem werde Hanning keine Fragen beantworten. Der Angeklagte hat in dem Detmolder Prozess bisher geschwiegen.

Inhaltlich befasste sich das Gericht gestern mit Aussagen eines Gutachters zu den Strukturen in Auschwitz. Viele SS-Männer seien aus ihrer Ausbildungszeit miteinander bekannt gewesen. Ein Foto aus dem Jahr 1944 zeigt 70 SS-Leute, die nach Angaben des Historikers Stefan Hördler den Kern der sogenannten Ungarn-Aktion bildeten. Hanning ist darauf nicht zu sehen. Kurz vor Abschluss der Deportation Hunderttausender Juden aus Ungarn in das NS-Vernichtungslager Auschwitz war Hanning versetzt worden. Zu dessen Rolle in Auschwitz will Hördler kommende Woche sprechen.

(dpa)
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