Kritik an Glücksspielbetrieben des Landes Opposition stellt NRW-Casinos infrage

Düsseldorf · Die landeseigenen Spielcasinos sind defizitär. Suchtexperten warnen zudem vor den Gefahren des Glücksspiels. CDU und FDP wollen eine neue Debatte, die Landesregierung will ein neues Casino.

 Über das Tochterunternehmen Westspiel der landeseigenen NRW-Bank betreibt das Land sieben Spielcasinos in Deutschland, darunter die Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Duisburg und Dortmund.

Über das Tochterunternehmen Westspiel der landeseigenen NRW-Bank betreibt das Land sieben Spielcasinos in Deutschland, darunter die Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Duisburg und Dortmund.

Foto: Probst, Andreas (apr)

Im Düsseldorfer Landtag wächst die Kritik an den Glücksspielbetrieben des Landes. "Der Betrieb von landeseigenen Spielcasinos gehört auf den Prüfstand", sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Christian Möbius (CDU), unserer Zeitung. Auch FDP-Chef Christian Lindner geht auf Distanz zu den Spielbanken des Landes: "Ich sehe darin keine dringende Staatsaufgabe."

Über das Tochterunternehmen Westspiel der landeseigenen NRW-Bank betreibt das Land sieben Spielcasinos in Deutschland, darunter die Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Duisburg und Dortmund. Nach ihrer Gründung in den 70er Jahren verdiente das Land über Jahrzehnte zunächst gutes Geld mit dem Glücksspiel. In den vergangenen Jahren schrieb Westspiel aber zunehmend rote Zahlen. 2011 betrug der Jahresverlust 3,5 Millionen Euro. 2012 konnte ein Verlust in Höhe von 7,9 Millionen Euro nur mit der Auflösung einer Notreserve verhindert werden. Für 2013 machte das Unternehmen keine Angaben.

"Glücksspiel-Verluste kann das Land sich nicht leisten"

Das klassische Casino sei nicht mehr wie früher gefragt, sagte Möbius. Es verliere die Kundschaft an neue Glücksspielangebote im Internet und wegen des veränderten Freizeitverhaltens der Bürger. Möbius: "Dauerhafte Glücksspiel-Verluste kann das Land sich nicht leisten."

Wie berichtet, verkauft Westspiel inzwischen wertvolle Kunstwerke, die das Unternehmen in besseren Zeiten noch sammelte. Damit will es sich sanieren. Weil die Werke indirekt den Bürgern des Landes gehören, hat der Plan eine massive Protestwelle ausgelöst. Für FDP-Chef Lindner passt das alles nicht zusammen: "Es stellt sich die grundsätzliche Frage, warum der Staat defizitäre Casinos betreibt, die jetzt mit dem Verkauf von Kunstwerken saniert werden sollen."

Jährlichen Zahlungen in Millionenhöhe an öffentliche Hand

Das NRW-Finanzministerium betont, dass "die Defizite der Westspiel" immer noch "deutlich geringer als die vom Land und den Spielbankgemeinden vereinnahmten Abgaben nach dem Spielbankengesetz" seien. Dieses Gesetz verpflichtet die Casinos zu jährlichen Zahlungen in Millionenhöhe an die öffentliche Hand. Allerdings fragen sich Insider, wie lange der defizitäre Spielbetrieb Zahlungen in dieser Höhe noch erwirtschaften kann.

Auch jenseits der finanziellen Problematik wird neue Kritik am staatlichen Glücksspiel laut. Nach Angaben der Landeskoordinierungsstelle gegen Glücksspielsucht gibt es rund 40.000 Spielsüchtige in NRW. Im Vergleich zu privaten Spielhöllen seien staatliche Casinos zwar "das kleinere Übel", sagte Suchtstellen-Chefin Ilona Flüchtenschnieder, "aber auch die vier staatlichen Spielcasinos in NRW können süchtig machen". Dass Westspiel nun die Flucht nach vorn antreten und 2017 mit Rückendeckung der Landesregierung sogar noch ein weiteres Casino in Köln eröffnen will, lehnt sie ab: "Jede neue Spielbank produziert neue Süchtige."

Um wenigstens mehr Nutzen aus der Westspiel-Kunstsammlung zu ziehen, sollen die Werke nach dem Willen führender Politiker von CDU, Grünen und FDP in die Kunstsammlung NRW überführt werden. "In einem Museum sind sie vor unsachgemäßer Behandlung sicher und können mehr Bürgern gezeigt werden", sagte der kulturpolitische Sprecher der CDU, Thomas Sternberg. "Dieser Gedanke ist nicht falsch", so Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen.

(RP)
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