Kampf gegen Kriminalität Was es mit den 25 "gefährlichen Orten" in NRW auf sich hat

Düsseldorf/Köln · Bahnhofsvorplätze oder verrufene Straßenzüge: Die Polizei in NRW stuft 25Orte als "gefährlich" ein, 13 davon allein in Köln. Dort darf die Polizei vorbeugend gegen Verdächtige vorgehen. In Düsseldorf hat das Wirkung gezeigt – im Maghreb-Viertel soll sich die Lage verbessert haben.

 Ein Passant geht im Maghreb-Viertel in Düsseldorf eine Straße entlang. Hier hat sich die Lage nach Angaben der Polizei verbessert. (Archivbild)

Ein Passant geht im Maghreb-Viertel in Düsseldorf eine Straße entlang. Hier hat sich die Lage nach Angaben der Polizei verbessert. (Archivbild)

Foto: dpa, skm lof cul

Bahnhofsvorplätze oder verrufene Straßenzüge: Die Polizei in NRW stuft 25 Orte als "gefährlich" ein, 13 davon allein in Köln. Dort darf die Polizei vorbeugend gegen Verdächtige vorgehen. In Düsseldorf hat das Wirkung gezeigt — im Maghreb-Viertel soll sich die Lage verbessert haben.

Dortmund, Essen, Wuppertal, Hagen, Köln: In diesen und weiteren Städten Nordrhein-Westfalens bezeichnet die Polizei zahlreiche Orte als "gefährlich" bzw. "verrufen". Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Peter Biesenbach hervor. "Gefährliche Orte" können ganze Straßenzüge sein, an denen sich eine Drogenszene etabliert hat, oder auch nur ein einzelner Bahnhofsvorplatz, an dem immer wieder Menschen ausgeraubt werden.

Allein in Köln befinden sich 13 von ihnen — nach Angaben der Kölner Polizei zählen dazu der Vorplatz am Hauptbahnhof, der Ebertplatz in der Innenstadt, das Görlinger Zentrum in Köln-Bocklemünd oder die Kölner Ringe, die Feierwütige aus der Region anziehen und an denen es vor allem an den Wochenenden turbulent zugeht. In Wuppertal gelten der Berliner Platz und das Areal rund um den Bahnhof Oberbarmen als "gefährlich". In Aachen wurde eine Zeit lang das Ostviertel laut Polizeidefinition als "gefährlich" eingestuft.

Doch was genau verbirgt sich hinter der Einstufung? "Wichtig ist: Es handelt sich nicht um sogenannte No-Go-Areas, in die die Polizei sich nicht hinbewegt", betont Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums. Solche Orte gibt es seinen Angaben zufolge in NRW nicht. "Die Definition als gefährlicher Ort gibt der Polizei aber die Rechtsgrundlage, die Identität der Menschen festzustellen, die sich dort aufhalten", sagt Beus. Die Maßnahmen dienten der Gefahrenabwehr, seien also rein vorbeugend.

Konkret bedeutet das: Die Polizei darf Personen anhalten und nach ihren Ausweisen fragen - auch ohne bestimmten Anlass. "Das ist der entscheidende Unterschied", erklärt Christoph Gilles, Sprecher der Kölner Polizei. "Wenn da Figuren rumlaufen, und das alles nicht ganz koscher aussieht, dürfen wir ihre Personalien kontrollieren. Und das schon im Vorfeld einer Gefahr."

Im Normalfall seien Bürger nicht verpflichtet, sich auszuweisen, wenn sie ohne Anlass danach gefragt würden. "So aber können wir sogar Platzverweise erteilen", sagt Gilles. Wenn eine Person sage, sie habe keinen Ausweis dabei, dürfe die Polizei sie auch festhalten und durchsuchen. "Wir müssen nicht warten, bis eine Gefahr auftritt oder es zu Straftaten kommt."

Doch wann kann die Polizei einen Ort als "gefährlich" einstufen? Im Prinzip legen das die einzelnen Polizeistellen selbst fest. Sie müssen dafür aber Fakten vorlegen, die im Zweifel auch von einem Gericht überprüft werden, falls sich jemand gegen die Kontrolle wehrt.

In Wuppertal wertet die Polizei zum Beispiel Zahlen zur Straßenkriminalität und die ihrer Einsätze aus - auch jener, die keine Strafanzeige zur Folge hatten. "Es kann reichen, wenn Personen an einem solchen Ort Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben", sagt der Kölner Polizeisprecher Gilles. Manchmal aber genüge ein einzelner schwerer Raubüberfall, um eine Straße kurzzeitig als "gefährlichen Ort" zu deklarieren.

Die Menschen an den gefährlichen Orten aus der Anonymität herauszuholen, zeigt laut Gilles Wirkung: Wer wisse, dass seine Personalien aufgenommen wurden, begehe nicht so schnell eine Straftat. Die Orte werden immer wieder überprüft: Werden sie sicherer, wird die Klassifizierung zurückgenommen.

In Düsseldorf galt lange das sogenannte Maghreb-Viertel als "gefährlicher Ort". Die Offensive der Polizei habe geholfen, sagt Marcel Fiebig von der Düsseldorfer Polizei. "Es gab immer wieder Kontrollen, wir waren sehr präsent, haben schnell auf Anrufe von besorgten Anwohnern reagiert." Die Polizei habe letztlich entschieden, die Einstufung zurückzunehmen. "In Düsseldorf gibt es somit derzeit keine gefährlichen Orte", sagt Fiebig.

Wer einen "gefährlichen Ort" betritt, muss laut Polizeisprecher Gilles im Übrigen keine Angst haben, sofort kontrolliert zu werden. Oft betreffen die Maßnahmen junge oder auch ältere Männer, die sich auf die eine oder andere Weise verdächtig machen, erklärt er. "Und auch an gefährlichen Orten müssen die Eingriffe verhältnismäßig sein", sagt Gilles. Einen Taxifahrer zu kontrollieren, der zufällig dort halte, sei etwas anderes als eine Gruppe junger Männer, die herumlungern und ganz offensichtlich auf jemanden warten", sagt Gilles.

Zudem seien die Orte nicht alle gleich gefährlich. "Nicht an jedem gefährlichen Ort steht einer hinterm Baum, der Ihnen etwas Böses will", sagt Gilles. Und man dürfe noch etwas nicht verwechseln: "Gefährliche Orte" seien nicht mit Orten gleichzusetzen, an denen viele Menschen sich subjektiv bedroht fühlen, obwohl dort nicht mehr passiert als woanders. Tiefgaragen seien da ein klassisches Beispiel, sagt Gilles. Sie sind aus Sicht der Kölner Polizei grundsätzlich sogar sehr sicher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort