NRW Banden überfallen Rentner zu Hause

Düsseldorf/Krefeld · Die Polizeigewerkschaft warnt vor zunehmender Gewalt von Tätergruppen, die es auf ältere Menschen abgesehen haben. Die häuslichen Überfälle lösen bei Senioren traumatische Störungen aus.

 Mitarbeiter der Spurensicherung ermitteln am Tatort in Krefeld.

Mitarbeiter der Spurensicherung ermitteln am Tatort in Krefeld.

Foto: samla.de

In Krefeld haben drei maskierte Täter eine 85 Jahre alte Frau nachts in ihrem Haus überfallen und brutal misshandelt. "Während ein Mann die Frau festhielt und mit Tüchern fesselte, durchwühlten die beiden Mittäter die Zimmer", teilte die Polizei mit. Als die Räuber verschwunden waren, konnte sich die Frau selbst befreien und die Polizei alarmieren. Sie wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht.

Solche Raubüberfälle in Wohnungen häufen sich. Seit 1994 hat die Zahl dieser Fälle in NRW laut Kriminalstatistik um 29 Prozent zugenommen. Nur im vergangenen Jahr war sie leicht rückläufig. Das Landeskriminalamt (LKA) registrierte 2014 landesweit 797 Überfälle in Wohnungen.

In den meisten Fällen handelt es sich bei den Opfern um ältere Menschen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor organisierten gewaltbereiten Tätergruppen, die es gezielt auf Rentner abgesehen haben. "Sie gehen mit brachialer Gewalt vor, um an die Wertgegenstände zu kommen, die sie bei ihren Opfern vermuten", erklärt Wolfgang Spies, stellvertretender GdP-Landesvorsitzender und Experte für Kriminalität gegen Senioren.

Nach Beobachtungen der Polizei reicht es vielen Kriminellen nicht mehr aus, nur das Haus nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Sie wollten oft auch die Nummern für die EC-Karten von ihren Opfern erfahren. Polizeiexperte Spies: "Sie suchen in Telefonbüchern nach alten Vornamen und den zugehörigen Adressen. Dann kundschaften sie das Haus aus, steigen ein und bedrohen ihr Opfer. Das bekommt niemand mit — und es geht schneller, als das Haus zu durchsuchen."

Besondere Sorge bereitet den Ermittlern, dass die Kriminellen immer brutaler vorgehen. So machte etwa im vergangenen Jahr ein Überfall auf einen 81 Jahre alten Rentner in seinem Haus in Tönisvorst bundesweit Schlagzeilen. Eine Gruppe, die später gefasst werden konnte, hatte den Mann brutal misshandelt und dann getötet. Sie folterten ihn, weil sie von ihm unter anderem Informationen über Geldverstecke erfahren wollten. In Hagen wurde eine 75-Jährige in ihrer Wohnung von Kriminellen überfallen und dabei getötet. In Herne wurde vor wenigen Monaten eine Rentnerin zu Hause ausgeraubt und gequält. In Düsseldorf überfielen in diesem Jahr vier Täter ein Ehepaar in dessen Wohnung.

Beim Opferverband Weißer Ring spricht man von einer alarmierenden Entwicklung. "Fälle von älteren Menschen, die sich hilfesuchend an uns wenden, gehören mittlerweile zur traurigen Tagesordnung", sagt eine Verbandssprecherin. Besonders Senioren litten nach solchen Erlebnissen oft an posttraumatischen Belastungsstörungen, so die Expertin. "Sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher zu fühlen, ist gerade für alte Menschen das Schlimmste, was passieren kann", erklärt die Sprecherin.

Das Düsseldorfer Landeskriminalamt rät allen Opfern, die Forderungen der Täter zu erfüllen. "Man weiß nie, wie der Einbrecher bewaffnet ist", sagt ein LKA-Sprecher. Es habe keinen Sinn, Widerstand zu leisten und den Helden zu spielen. "Man soll sich still verhalten und möglichst die Notrufnummer 110 wählen."

(csh)
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