NRW DLRG warnt Flüchtlinge vor Baggerseen

Düsseldorf · Fast die Hälfte der Badetoten in NRW sind in diesem Sommer Asylsuchende. Viele Flüchtlinge sind Nichtschwimmer oder unterschätzen die Risiken der hiesigen Gewässer. Rettungsschwimmer arbeiten an Aufklärungskampagnen.

 Nach mehreren Unfällen warnt die DLRG nun Flüchtlinge in verschiedenen Sprachen vor dem Baden in Baggerseen.

Nach mehreren Unfällen warnt die DLRG nun Flüchtlinge in verschiedenen Sprachen vor dem Baden in Baggerseen.

Foto: Radowski

Mit leicht sorgenvoller Miene schaut sich Michael Grohe von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) die Wetteraussichten für die kommenden Tage an. Bis zu 30 Grad warm könnte es ab heute wieder in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens werden. Für die meisten ein Grund zur Freude. Nicht so für die ehrenamtlichen Rettungsschwimmer, die die Seen und Flüsse überwachen und dann wieder viel zu tun haben. "Wir müssen extrem aufmerksam sein, weil wieder alle ins Wasser wollen - auch die, die nicht gut oder überhaupt nicht schwimmen können", erklärt Grohe.

Zu dieser Risikogruppe gehören zunehmend auch Flüchtlinge. Von den bislang mindestens 13 Badetoten in diesem Sommer sind in NRW knapp die Hälfte Menschen, die aus ihren Heimländern geflohen waren. Erst am Wochenende ertrank in Moers ein 14-jähriger Junge aus dem Irak in einem Baggersee. Am 2. Juli kam ein 19-jähriger Flüchtling aus Ghana im Allner See in Hennef beim Baden ums Leben. In Nettetal starb am Tag davor ein junger Flüchtling in einem Schwimmbad. Am selben Tag ertrank in Emmerich ein 29-jähriger Asylsuchender beim Schwimmen in einem Baggersee.

Weil viele Flüchtlinge nicht schwimmen können, befürchten Rettungskräfte, dass es in diesem Sommer noch häufiger zu Unfällen kommen wird. Der Kreis Kleve kündigte deshalb bereits an, Flüchtlinge auf die Gefahren beim Schwimmen in Baggerseen hinweisen zu wollen. Gemeinsam mit der DLRG soll ein Flyer herausgebracht werden, der über die Risiken aufklärt. Das Flugblatt wird in den Flüchtlingsunterkünften verteilt.

Aber nicht nur für Nichtschwimmer, sondern auch für Flüchtlinge, die schwimmen können, bestehe eine große Gefahr, in den Seen zu ertrinken, warnen Experten. "Viele Ausländer kennen die Tücken unserer Gewässer nicht und gehen deswegen unter, obwohl sie eigentlich schwimmen können", sagt Amar Azzoug von der Moerser Integrationsinitiative "Bunter Tisch". Mit Tücken meint er etwa den glitschigen Grund der Seen, Schlingpflanzen, Strömungen und die teils erheblichen Temperaturschwankungen im Wasser. "Im Baggersee zu schwimmen, ist was ganz anderes und viel anspruchsvoller als im Meer", sagt Azzoug. In der nächsten Woche veranstaltet der "Bunte Tisch" mit der DLRG zusammen in Moers einen Aufklärungsabend für Flüchtlinge. Dabei soll es auch ganz einfache und praktische Tipps für Schwimmanfänger geben.

In Bayern, wo in diesem Sommer sogar noch mehr Flüchtlinge beim Baden ertrunken sind als in NRW, ist man noch einen Schritt weiter. Unter dem Slogan "Rette Dein Leben und lerne schwimmen!" hat die Wasserwacht in Bayern eine landesweite Aufklärungskampagne mit mehrsprachigen Plakaten gestartet.

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Die DLRG rät Flüchtlingen, nur in bewachten Seen und Flüssen baden zu gehen. "So kann im Notfall sofort professionelle Hilfe geleistet werden", erklärt der Verbandssprecher. Die Rettungsschwimmer begrüßen grundsätzlich auch Schwimmkurse für Flüchtlinge. "Doch wir allein können das nicht flächendeckend leisten und schon gar nicht finanzieren", sagt DLRG-Sprecher Michael Grohe. "Eine solche Initiative müsste von den Kommunen ausgehen. Wir würden dann natürlich bei der Umsetzung helfen", so Grohe weiter. Bislang gibt es bundesweit in nur ganz wenigen Städte ein solches Angebot wie etwa im westfälischen Witten. Im niedersächsischen Oldenburg ist die Wasserwacht zudem in intensiven Gesprächen mit der Stadt, um in den Schwimmbädern Kurse anbieten zu können.

Doch die besten Vorschläge helfen nichts, wenn die Voraussetzungen vielerorts nicht stimmen. So fehlt es fast überall in NRW an geeigneten Bädern, in denen Schwimm-unterricht stattfinden könnte. "Aufgrund von Bäderschließungen lässt die Schwimmfähigkeit in unserer Gesellschaft nach, und das Risiko zu ertrinken steigt", sagt der DLRG-Sprecher. Problematisch sei in vielen Regionen zudem eine kostenlose Nutzung von Bädern, da die wenigen, die es noch gibt, zunehmend in privater Hand seien.

Dabei wären solche Kurse angesichts der vielen Badetoten nicht nur für Flüchtlinge sinnvoll. Laut DLRG kamen 2014 bundesweit 392 Menschen beim Schwimmen ums Leben.

(RP)
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