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Martin Klempnow im Interview "Ein kleiner Dennis aus Hürth steckt in jedem"

Als Berufsschüler "Dennis aus Hürth" und Parodist wurde Martin Klempnow bekannt. Nun moderiert er eine Talk- und Spielshow im WDR. Ein Gespräch über die Aussagekraft des Begriffs "Otto", den Reiz verschiedener Rollen und gescheiterte Pläne.

 "Beim Essen lässt der Gastgeber den Gästen ja auch das größte Stück Fleisch" — Martin Klempnow (44) fällt es leicht, sich als Moderator zurückzunehmen.

"Beim Essen lässt der Gastgeber den Gästen ja auch das größte Stück Fleisch" — Martin Klempnow (44) fällt es leicht, sich als Moderator zurückzunehmen.

Foto: WDR/Ben Knabe

Die WDR-Talk- und Spielshow "Geheimniskrämer" ist die erste Sendung, in der Sie selbst zu sehen sind, ohne eine Rolle zu spielen. Haben Sie lange darauf hingearbeitet oder eher damit gehadert, ob das klug ist?

Klempnow: (lacht) Weder noch. Da bin ich Rheinländer durch und durch: Et kütt, wie et kütt. Ich habe versucht, die Verantwortlichen beim WDR davon abzuhalten, mich zum Moderator zu machen. Aber plötzlich stand ich da und habe so sonor wie möglich in die Kamera gesagt: "Hallo und Herzlich Willkommen zu 'Geheimniskrämer‘!" Und zwar mit Brille, weil sich herausgestellt hat, dass ich die brauche, um meine Moderationskärtchen lesen zu können.

Ihre bekanntesten Rollen spielen oder spielten Sie mit aufwändiger Maske, als Berufsschüler "Dennis aus Hürth" oder als "Roooobert" Geiss in "switch reloaded". Entsprechend selten werden Sie erkannt. Wie gut können Sie damit leben?

Klempnow: Sehr gut! Ich bin eigentlich noch nie auf der Straße erkannt worden, und wären wir hier bei "Wünsch dir was", würde ich mir wünschen, dass das auch so bleibt. Ich möchte niemandem zu nahe treten, der gerne über Rote Teppiche flaniert. Aber mein Ding ist das nicht. Ich will einfach nur meine Arbeit machen. Ob als Schauspieler, Comedian oder Autor oder in meinem Musikverlag.

Nun haben Sie eine Sonntagabendshow im WDR, eine Stunde lang, mindestens sieben Folgen lang… war das der Traum, als Sie früher eine Jugend-Radiosendung moderiert haben oder als Kabelträger und Kartenabreißer beim WDR unterwegs waren?

Klempnow: Klar! Ich mache sehr gerne Fernsehen. Das ist genauso wie im Fußball: Jeder träumt davon, für einen großen Verein aufzulaufen. Wenn ich die Chance habe, als Stürmer aufzulaufen, mache ich das, auch wenn ich bislang eher in der Verteidigung gespielt habe.

In "Geheimniskrämer" raten jeweils vier Prominente, wer aus ihrem Kreis welches Geheimnis hat. Welches fanden Sie am spannendsten?

Klempnow: Erstaunlich viele sind straffällig geworden, wenn auch natürlich wegen Kleinigkeiten; Ladendiebstahl oder frisierten Mofas. Ich fand es auch witzig, dass ein gestandener Kerl in seiner Freizeit gerne kunstvoll Servietten faltet, von dem man eigentlich denkt, er würde halbnackt an Oldtimern rumschrauben. Ganz ernst wurde es beim Thema Hypochonder: Da hat sich herausgestellt, dass das Thema gar nicht witzig ist. Ein Schauspieler landet fast jede Woche in der Notaufnahme, weil er tatsächlich überzeugt ist, dass er jeden Moment stirbt. So sind richtig gute Gespräche über unsere Macken entstanden. Ich habe Mitleid mit den Cuttern, die das auf jeweils eine Stunde kürzen mussten...

Die erste Folge lief um 22.15 Uhr, vor "Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs", alle weiteren danach, eine halbe Stunde später. Macht Ihnen der Quotendruck Angst?

Klempnow: Ein bisschen Angst ist immer dabei, nicht nur, wenn ich moderiere. Auch bei jedem Comedy-Auftritt, bei jeder Hörspiel-Aufnahme, beim Texte Schreiben. Ich habe gelernt, die Angst als Partner zu sehen, sogar als Freund. Das Schlimme ist die Angst vor der Angst, und die habe ich nicht. Wieso auch? Bei dem was ich mache, geht es nicht um Leben und Tod. Ich vergleiche das gern mit dem Achterbahnfahren. Manchmal ist einem auch ein bisschen übel — aber vor allem hat es doch Spaß gemacht! Um mich selbst mache ich mir dabei überhaupt keine Sorgen. Ich spüre allerdings eine Art Verantwortung für die eigentlichen Macher im Studio, den Regisseur, die Kameraleute. Die stecken wirklich Liebe und Leidenschaft da rein. Deshalb darf ich das nicht versauen.

Was unterscheidet diese Show von allen anderen?

Klempnow: Das Format an sich ist komplett neu, und im Studio herrscht eine absolut entspannte Atmosphäre. Bei uns muss niemand Angst haben, eine Torte ins Gesicht zu bekommen. Niemand wird blamiert oder bloßgestellt. Jeder erzählt nur, was er erzählen will. Bei "Geheimniskrämer" haben die Promis die Gelegenheit, fernab von Promotion eine andere Seite von sich zu zeigen. Ich würde niemals nach dem Privatleben meiner Gäste fragen, sofern sie das nicht wollen, weil das eben privat ist. Meines halte ich ja auch komplett privat.

Ihr Weg war kein gerader. Sie haben zunächst Jura studiert, sind halbprofessionell Radrennen gefahren...

Klempnow: Ich hatte keinen Karriereplan. Mein Weg war nie wirklich gerade. (lacht) Ehrlich gesagt kann ich niemandem empfehlen, in Richtung Schauspielerei zu gehen. Mehr noch: Ich würde es auch selbst nicht wieder so machen.

...aber?

Klempnow: Aber mein Jurastudium habe ich abgebrochen, weil ich gar nicht anders konnte. In den Ferien nach dem Semester habe ich einen Independent-Film gedreht. Dabei hat mich eine tolle Kollegin ermutigt, Schauspiel zu studieren. Eigentlich wollte ich nur die Bestätigung, dass ich das nicht tun soll. Das war ja nur realistisch: An jeder Hochschule bewarben sich zu der Zeit etwa 2000 Kandidaten auf sechs Plätze. Aber dann waren die an der staatlichen Schule für Musik und Theater in Hamburg so bekloppt mich zu nehmen.

Wie haben Ihre Eltern reagiert?

Klempnow: So wie ich es erwartet hatte: cool wie immer. Ich komme aus einer Handwerkerfamilie, ganz solide. Die waren eigentlich sehr zufrieden damit, dass ich Jura studierte. Aber meine Eltern haben sofort gesagt: "Mach et! Wenn du diese Chance auf ein Abenteuer bekommst, musst du sie ergreifen!"

 Klempnows Paraderolle: "Dennis aus Hürth".

Klempnows Paraderolle: "Dennis aus Hürth".

Foto: dpa, hka wie thn

Als Gastgeber von "Geheimniskrämer" verpassen Sie ungezählte Chancen, selbst Ihren Senf dazuzugeben, Sprüche oder Witze zu machen. Dennis wäre enttäuscht von Ihnen!

Klempnow: Abwarten! Den einen oder anderen Spruch habe ich schon rausgehauen... aber ich stehe in der Sendung nicht im Vordergrund, sondern meine Gäste. Beim Essen lässt der Gastgeber den Gästen ja auch das größte Stück Fleisch. Privat haue ich natürlich schon mal einen Spruch mehr raus, weil in jedem von uns ein kleiner Dennis steckt. Aber Moderator ist eine andere Rolle, und ich versuche meine Rollen auseinander zu halten, auch wenn mir das nicht immer gelingt.

Als Dennis haben Sie mehr als 900 Folgen im Radio und zwei Tourneen gemacht. Lassen Sie ihn bald sterben — oder ist er sogar schon tot?

Klempnow: Nein, natürlich nicht. Das ist eine sehr deutsche Frage, glaube ich. In anderen Ländern ist das ganz normal, dass du als Künstler alles machst und keiner wundert sich. Ich habe fünf Jahre in der ZDF-Familienserie "Die Bergretter" mitgespielt und bin parallel als Dennis aufgetreten. Auch jetzt gerade bin ich als Dennis auf "Ich seh voll reich aus"-Tour. Diese Nummern zu schreiben und das zu spielen macht mir nach wie vor wahnsinnig viel Spaß, und dem Publikum offensichtlich auch.

Wie viel Martin Klempnow steckt in Dennis aus Hürth?

Klempnow: Dazu äußere ich mich nur sehr ungern, weil die Figur einfach für sich stehen soll. Ohne Interpretationshilfe, ohne Metaebene. Aber in manchen von Dennis‘ Träumen erkenne ich meine schon wieder aus der Zeit, als ich 16 oder 18 war. Ich freue mich auf die Live-Auftritte als Dennis. Und manchmal reagiere ich sicher auch im echten Leben wie er. Aber das tun wir alle, ob Handwerker oder Manager. Ich erlebe, dass 40-Jährige Schlipsträger sagen, dieser oder jene Typ sei "ein Otto"...

...Dennis‘ Lieblingsausdruck, halb liebevoller Kosename und halb Beleidigung...

Klempnow: ...und damit ist dann alles gesagt. Und gleichzeitig gar nichts.

Welche Rollen reizen Sie noch?

Klempnow: Gehen Sie auch mit Kindern in ein Spielzeuggeschäft und fragen "Gibt es hier irgendetwas, das dich interessiert?" (lacht). Es gibt noch so vieles was ich noch nicht gemacht habe; ich kann mir alles vorstellen.

Konkret dachte ich an Felix Blume, der ebenfalls Jura studiert hat, besser bekannt unter seinem Rapper-Künstlernamen...

Klempnow: ...Kollegah! Den habe ich schon parodiert — und dafür elf Kilo abgenommen, weil ich wie ein Wahnsinniger trainiert hab, um ungefähr so durchtrainiert auszusehen wie er— was mir allerdings nur bedingt gelungen ist. Aber das musste schon sein. Als Formel-1-Reporter Kai Ebel habe ich mich wie er so extrem in Richtung Kamera gebeugt, dass mir heute noch der Nacken wehtut und ich einmal die Woche zur Physio gehe.

Verbunden werden Sie aber vor allem mit Dennis. Ist das Fluch und Segen? Werden Sie sich in Ihrer Biographie von ihm distanzieren wie der "Star Trek"-Darsteller Leonard Nimoy, der den Titel wählte "I am not Spock"?

Klempnow: Auf keinen Fall! Meine würde eher heißen "Danke, Dennis!". Oder besser noch: "Danke, Hürth!" Denn ich habe zwar auch gern in Hamburg und Berlin gelebt — aber Hürth ist eine richtig schöne Stadt.

"Geheimniskrämer" läuft sonntags um 22.45 Uhr im WDR

(tojo)
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