Herzebrock-Clarholz "Weil ich 27 bin, kann ich Bürgermeister"

Herzebrock-Clarholz · Marco Diethelm aus Herzebrock-Clarholz ist mit 27 Jahren der neue jüngste CDU-Bürgermeister in NRW. Damit löst er Erik Lierenfeld aus Dormagen ab. Ob er sich von seinen jungen Kollegen Tipps geholt hat und welche Ziele er für seine Stadt hat, erzählt er im Interview.

 Marco Diethelm ist mit 27 Jahren der neue Bürgermeister von Herzebrock-Clarholz und damit der jüngste CDU-Bürgermeister in NRW.

Marco Diethelm ist mit 27 Jahren der neue Bürgermeister von Herzebrock-Clarholz und damit der jüngste CDU-Bürgermeister in NRW.

Foto: Christopher Gro?�e-Cossmann

Sein erster Arbeitstag als Bürgermeister der 16.000-Einwohner-Gemeinde Herzebrock-Clarholz wird deutlich mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen acht Stunden haben: Er beginnt mit einem Treffen mit seiner Assistentin und den Fachbereichsleitern, dann folgt ein Spatenstich, abends ist Ratssitzung, dann folgt ein Treffen mit den CDU-Bürgermeistern im Kreis Gütersloh. Marco Diethelm sieht seinen neuen Aufgaben mit Spannung und Respekt entgegen — er ist mit 27 Jahren der jüngste CDU-Bürgermeister in NRW und wurde von 52 Prozent der Bürger gewählt.

Empfinden Sie es als Vor- oder als Nachteil, ein junger Bürgermeister zu sein?

Diethelm Das kommt ganz auf die Perspektive an: Ich habe natürlich weniger Erfahrung als manch älterer Kollege, aber dafür bin ich belastbarer und begegne einigen Themen ohne Scheuklappen. Ich beschäftige mich zunächst mit einer Idee, bevor ich eine Entscheidung treffe.

Sie lösen den amtierenden jüngsten Bürgermeister Erik Lierenfeld (SPD) in Dormagen ab. Zuvor war Daniel Zimmermann (Peto) in Monheim Rekordhalter. Haben Sie von den beiden Tipps eingeholt?

Diethelm Nein. Aber ich habe mich mehrmals mit Michael Meyer-Hermann unterhalten, der mit Anfang 30 Bürgermeister von Versmold wurde. Der wichtigste Tipp: Mit dem eigenen Alter offensiv umzugehen. Inzwischen sage ich nicht mehr "Ich bin 27, kann es aber trotzdem", sondern "Weil ich 27 bin, kann ich es".

Wie haben die Bürger auf Sie reagiert?

Diethelm Ich habe mich überall vorgestellt, bin von Haus zu Haus gegangen, damit die Menschen sehen, dass sie mich auf Themen ansprechen können und dass ich Ahnung davon habe. Die Jüngeren haben positiv auf mich als jungen CDU-Kandidaten reagiert, die 30- bis 60-Jährigen waren eher skeptisch, die Älteren haben gesagt: Warum soll es nicht auch mal ein Jüngerer machen? Nun gilt zu beweisen, dass ich es wirklich kann.

Was sind die Probleme in der Gemeinde, die Sie angehen wollen?

Diethelm Am wichtigsten ist, dass die Finanzen in Ordnung bleiben. Geld auszugeben ist leichter, als einzunehmen. Es gibt aktuell drei zentrale Projekte: ein neues Klärwerk, eine neue Gesamtschule, die aus Real- und Hauptschule entstanden ist, sowie der DSL-Ausbau in unserer Flächengemeinde. Die Kosten belaufen sich bei allen drei Projekten auf mehrere Millionen Euro.

Was bringt Ihnen Ihre vorherige Tätigkeit als Finanzberater?

Diethelm Ich weiß, wie eine Bilanz aussieht und wie sie zu lesen ist. Dafür muss ich mich in Aufgaben hinsichtlich Technik und Verwaltung einarbeiten. Ich möchte nicht in Aktionismus verfallen. Aber gerade die ersten Tage sind wichtig, um alle Ressorts kennenzulernen. Ich gebe mir eine dreiwöchige Orientierungsphase, danach möchte ich komplexere Themen angehen.

War es Ihr Wunsch, eines Tages Bürgermeister zu werden?

Diethelm Das hat sich zufällig ergeben. Ich bin 2008 der Jungen Union beigetreten. Dann wurde ich Vorsitzender des CDU-Gemeindeverbandes und vor anderthalb Jahren stellvertretender Bürgermeister. Dadurch habe ich viel mitbekommen und weiß, was in der kommenden Zeit ansteht.

Wäre es für Sie infrage gekommen, ähnlich wie Daniel Zimmermann, eine eigene Partei zu gründen, um die eigenen Ziele besser vertreten zu können?

Diethelm Nein. Ich identifiziere mich mit der Politik der CDU. Damit bin ich groß geworden. Als Lokalpolitiker geht es außerdem mehr um ein pragmatisches Miteinander, als das parteipolitische Programm.

(leb)
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