Reaktionen zu Lubitz' Pressekonferenz "Eine Provokation, ein Affront gegenüber den Eltern"

Düsseldorf · Der Vater von Andreas Lubitz hat sich am Jahrestag des Germanwings-Unglücks an die Öffentlichkeit gewandt, um die Alleinschuld seines Sohnes an dem Absturz zu widerlegen. Angehörige der Opfer, Staatsanwaltschaft und Bundesregierung reagieren mit Kritik und Unverständnis.

 Eine Schülerin legt bei der Gedenkfeier am Joseph König Gymnasium in Haltern Rosen vor eine Gedenktafel mit den Namen der verstorbenen Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine.

Eine Schülerin legt bei der Gedenkfeier am Joseph König Gymnasium in Haltern Rosen vor eine Gedenktafel mit den Namen der verstorbenen Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine.

Foto: dpa, a sab

Nach dem Absturz des Fluges 4U 9525 am 24. März 2015 kamen die Ermittler zu dem Ergebnis, der Copilot Andreas Lubitz habe die Maschine bewusst gegen eine Bergkette in den französischen Alpen gesteuert. Bei dem Unglück starben 150 Menschen. Lubitz' Vater Günter hat Zweifel an der Alleinschuld seines Sohnes. Diese hat er am Freitag in einer Pressekonferenz dargelegt, die schon im Vorfeld umstritten war. Nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern auch wegen ihres Zeitpunkts.

Der Termin sei eine "Provokation, ein Affront gegenüber den Eltern", sagte Ulrich Wessel am Freitag. Wessel ist Leiter des Gymnasiums in Haltern am See, von dem 16 Schüler und zwei Lehrerinnen bei dem Absturz ums Leben kamen. An der Schule wurden am Freitag zur Absturzzeit um 10.41 Uhr fünf Schweigeminuten in Gedenken an die Opfer abgehalten. Wessel warf Lubitz' Vater zudem eine "Form von Realitätsverlust" vor. Opferanwalt Elma Giemulla, der 42 Angehörige von Opfern des Absturzes vertritt, hatte schon im Vorfeld der Pressekonferenz den Termin kritisiert: "Ein absolut unpassender Zeitpunkt".

Unterdessen trat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft dem Eindruck entgegen, Andreas Lubitz sei beim Absturz der Germanwings-Maschine 2015 gesund und lebensfroh gewesen. "Er litt seit Monaten unter Schlaflosigkeit, hatte Angst um sein Augenlicht, war verzweifelt", sagte Staatsanwalt Christoph Kumpa am Freitag. Eine Woche vor dem Absturz habe er sich - ausweislich der Auswertung seines Tablet-Computers - über Suizidmöglichkeiten informiert, außerdem über das Schließsystem der Cockpit-Tür.

Zudem habe Lubitz bereits auf dem Hinflug die Flughöhe kurzzeitig verändert. Kumpa reagierte damit auf Kritik an den Ermittlungen. Lubitz' Vater Günter hatte bei der Pressekonferenz gesagt, sein Sohn sei nach einer Jahre zurückliegenden Depression wieder lebensfroh und voller Energie gewesen.

Die Bundesregierung hat die Zweifel an der offiziellen Absturzursache zurückgewiesen. "Es gibt für uns keinen Anlass, an der Art und den Ergebnissen der Unfalluntersuchungsbehörde zu zweifeln", sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Freitag in Berlin. Auch die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) zeigte sich unbeeindruckt. Zwar habe der VC nicht alle 18.000 Seiten der Flugunfall-Untersucher, sondern nur den offiziellen Bericht gelesen. "Da sind bei unseren Experten bisher aber keine Fragezeichen geblieben."

(lsa/lnw)
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