"Deutschland erwache"-Tweet Strafanzeigen gegen Kölner Bundeswehr-Offizier

Köln · Im Bundeswehr-Skandal sorgt eine weitere Personalie für Ärger. Es geht um eine umstrittene Äußerung des Offiziers und Kölner AfD-Manns Hendrik Rottmann. Der war bislang für den Militärischen Abschirmdienst MAD tätig.

 Hauptmann und AfD-Politiker Hendrik Rottmann (Archivild).

Hauptmann und AfD-Politiker Hendrik Rottmann (Archivild).

Foto: AfD

Volksverhetzung lautet der Vorwurf, aufgrund dessen am Montag bei der Kölner Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige gegen Rottmann eingegangen ist. Erstattet haben sie Jörg Detjen, Fraktionssprecher der Linken im Kölner Stadtrat, sowie der Linken-Bundestagsabgeordnete Matthias Birkwald. Die beiden haben sich auch mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde an das Bundesverteidigungsministerium gewandt.

Rottmann ist Berufssoldat im Rang eines Hauptmanns und sitzt für die AfD im Kölner Stadtrat. Das gefällt nicht jedem - verboten ist es nicht. Laut Soldatengesetz dürfen Angehörige der Bundeswehr grundsätzlich eine politische Tätigkeit ausüben, solange sie die demokratische Grundordnung anerkennen und beide Aufgaben klar voneinander trennen.

Die Linken-Politiker werfen Rottmann vor, am 29. Januar auf Twitter eine Meldung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz, mit den Worten "Deutschland erwache" kommentiert zu haben - eine Parole, die im Dritten Reich von der Nazi-Organisation SA benutzt wurde. Ein Screenshot des Tweets liegt unserer Redaktion vor - der Twitter-Account, von dem der umstrittene Spruch abgesetzt worden sein soll, existiert nicht mehr.

"Ich habe das Posting am 14. Februar im Stadtrat thematisiert, bin dort aber auf wenig Interesse gestoßen", sagte Detjen unserer Redaktion. Dem Vorwurf sei damals seitens der AfD-Fraktion nicht widersprochen worden. Als die Bundeswehr jetzt im Zusammenhang mit der Affäre um den rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A. begann, deutschlandweit alle Kasernen nach Wehrmachts-Devotionalien zu durchsuchen, habe Detjen sich an den Vorfall erinnert - und Anzeige erstattet.

Das Brisante, sollte der Vorwurf gegen Rottmann sich bewahrheiten: Der Offizier arbeitete zu dieser Zeit für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) in Köln. Ausgerechnet dieser ist dafür zuständig, extremistische Tendenzen in der Bundeswehr zu beobachten. Der "Spiegel" hatte bereits im März vergangenen Jahres über die umstrittene Personalie berichtet. Im Netz hatte Rottmann sich demnach zuvor als Offizier der Streitkräftebasis ausgegeben, jedoch nicht als MAD-Mitarbeiter.

Die Kölner Staatsanwaltschaft bestätigte unserer Redaktion, dass Strafanzeige gegen Rottmann erstattet wurde. "Wir prüfen nun, ob Ermittlungen wegen Volksverhetzung oder der Verbreitung verbotener rechtsextremer Parolen aufgenommen werden", sagte ein Sprecher am Dienstag.

Rottmann selbst war für eine Stellungnahme bis Dienstagnachmittag nicht zu erreichen. Der Fraktionsgeschäftsführer der AfD im Rat der Stadt Köln, Wilhelm Geraedts, sprach gegenüber unserer Redaktion von einer "üblen Schmutzkampagne" der Linken vor den Landtagswahlen. Rottmann werde bewusst in ein falsches Licht gerückt. Laut Geraedts ist das Verhältnis der Linken- zur AfD-Ratsfraktion in Köln besonders schlecht: "Es gibt keine menschlichen Auseinandersetzungen, es wird noch nicht einmal gegrüßt." Rottmann habe von den Vorwürfen gegen sich aus der Presse erfahren, ihm liege noch nicht Schriftliches vor.

Ein Sprecher des AfD-Kreisverbandes Köln bezeichnete die Vorwürfe als Hetzkampagne. "Der betreffende Tweet vom Januar (...) als begleitender Kommentar zu einem dazu geposteten Zeitungsartikel erfolgte ohne historisches Bewusstsein und Kenntnis dieser vorbelasteten Parole", heißt es in der Stellungnahme. "Wir kennen Herrn Rottmann als pflichtbewussten und politisch gemäßigten Staatsbürger in Uniform, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht."

Linken-Politiker Detjen fordert indes Konsequenzen aus dem Fall: "Das wäre ja widersinnig, wenn rechtsextreme Kreise nach rechtsextremen Umtrieben suchen sollten." Vielmehr müsse der MAD selbst kontrolliert werden. "Wir brauchen jetzt eine öffentliche Diskussion", sagte Detjen. Vonseiten der Bundeswehr heißt es: "Der Vorgang ist uns bekannt. Zur Frage der Aufnahme disziplinarrechtlicher Ermittlungen sowie zu laufenden oder abgeschlossenen Disziplinarverfahren werden grundsätzlich keine Auskünfte erteilt."

Inzwischen ist Rottmann nicht mehr für den MAD tätig: Er arbeitet seit fünf Wochen für das Kommando der Luftwaffe in Köln, wie ein Sprecher der Luftwaffe unserer Redaktion bestätigte. Zu den Gründen für den Jobwechsel machte er keine Angaben.

(oko)
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