Todesgefahr durch illegale Autorennen Polizei fordert PS-Obergrenze für Fahranfänger

Köln · Illegale Autorennen haben in der letzten Zeit mehrere Todesfälle gefordert. Die Polizeigewerkschaft spricht sich dafür aus, eine PS-Obergrenze für junge Fahrer einzuführen. Die Polizei setzt die Szene mit Großkontrollen und Geschwindigkeitsmessungen massiv unter Druck.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält es für sinnvoll, eine PS-Obergrenze einzuführen. "Das könnte junge Autofahrer vom Rasen abhalten", sagt Erich Rettinghaus, NRW-Chef der DPolG, unserer Redaktion. So wäre denkbar, die Fahrerlaubnis bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres auf eine Pkw-Motorleistung von 100 kw (136 PS) einzuschränken. Wer sich nicht daran hält, dem soll auch der Führerschein entzogen werden können, so die Polizeigewerkschaft. Das könnte auch dabei helfen, illegale Autorennen zu unterbinden. Auch die Grünen in Köln fordern eine entsprechende Obergrenze.

Erst am Montag starb ein Fahrradfahrer an den Folgen eines schweren Raser-Unfalls. Drei Tage lange hatte der 26-Jährige nach dem Raserunfall in der Kölner Innenstadt auf der Intensivstation gelegen. Dann erlag er seinen schweren Kopfverletzungen, die er bei dem Zusammenstoß davongetragen hatte, nachdem er unverschuldet von einem umherschleudernden BMW auf einer Kreuzung getroffen worden war.

Köln: Trauer um Opfer illegaler Autorennen
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Illegale Autorennen 2015: Kölner trauern um Opfer

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Foto: dpa, obe fdt

Zu dem Unfall war es am Freitagabend gekommen, weil sich zwei junge Männer ein illegales Autorennen lieferten, in deren Verlauf einer der beiden bei hoher Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Auto verlor, auf ein unbeteiligtes Fahrzeug auffuhr, dann abhob und schließlich in den Fahrradfahrer krachte. Der Unfallverursacher stand vermutlich unter Drogen. Der Polizei zufolge fuhren die beiden Raser, die unverletzt blieben, nicht in ihren eigenen Fahrzeugen, sondern in angemieteten Leihwagen, einem BMW und einem Mini Cabrio.

Die Stadt Köln gehört zu den Hochburgen der Raserszene in Deutschland. Immer wieder kommt es in der Millionenstadt in diesem Zusammenhang zu Unfällen. Prominentestes Todesopfer der Raserei war 2001 der Sohn des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Fritz Schramma (CDU). Der 14-Jährige kam ums Leben, weil ein Raser in eine Menschenmenge hineingefahren war, in der er stand.

Nachdem im April eine 19-jährige Radfahrerin in Köln-Mülheim von einem ebenfalls ins Schleudern geratenen BMW erfasst und tödlich verletzt worden war, erklärte Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers den Kampf gegen die Raser zur Chefsache. Im Frühjahr wurde die Ermittlungskommission "Rennen" gegründet. Leiter dieser Führungsgruppe ist Fabian Golde. Er erklärt, wieso die Raserszene in Köln so stark ist. "Anders als auf dem Land haben Raser in Großstädten mehr Publikum. Sie wollen ja zeigen, was sie haben und können." Allein seine Ermittlungsgruppe hat seit Mitte April 8600 Geschwindigkeitsmessungen (Stand 4. Juli) durchgeführt. Dabei wurden 1500 Verwarngelder ausgesprochen und 580 Ordnungswidrigkeitsanzeigen gestellt. 98 Raser mussten ihre Führerscheine für ein bis drei Monate abgeben. Neun von ihnen müssen den Führerschein wahrscheinlich dauerhaft abgeben.

Ein Großteil der Raser ist unter 25 Jahre alt. Im Straßenverkehr stellen Fahrer dieses Altersspektrums nicht nur die meisten Fahranfänger, sondern auch die Hauptrisikogruppe. Mit 14,8 Prozent aller Verkehrstoten und 17,8 Prozent aller Verletzten im Jahr 2013 nimmt das Alterssegment (18-24) laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) einen unrühmlichen Spitzenplatz ein. Der Bevölkerungsanteil liege dagegen nur bei rund acht Prozent, sagt DVR-Sprecher Sven Rademacher. Die Bundesanstalt für Straßenwesen ermittelte sechs Lebensstilgruppen, die sich im Hinblick auf verkehrsbezogene, soziodemographische und psychologische Merkmale unterscheiden. Den höchsten Anteil an Unfallbeteiligten mit 39 Prozent erzielt dabei der "autozentrierte Typ" - unter den sich immerhin zehn Prozent der Jugendlichen subsummieren lassen. Das entspricht auch den Erkenntnissen von Karl-Friedrich Voss, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Verkehrspsychologen. Oft handele es sich um Menschen, die weder beruflich noch privat die Möglichkeiten besitzen, sich zu profilieren, meint der Psychologe. Sie würden dem Auto eine überragende Rolle beimessen, identifizierten sich sehr stark damit.

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Foto: ANC News

Neben Köln haben unter anderem auch die Städte Düsseldorf und Duisburg mit illegalen Rennen zu kämpfen. So gehört etwa die Bundesstraße 8 in Duisburg-Hamborn seit vielen Jahren zu einer der bekanntesten Strecken für illegale Autorennen in NRW. Polizei und Stadt gehen mit einer Reihe von Maßnahmen dagegen vor. Dazu gehören: Polizeipräsenz, unangekündigte Großrazzien, Veränderungen der Verkehrsführung.

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Foto: Ulrich Schütz

Die Kölner Ermittlungskommission "Rennen" setzt vor allem auf Großkontrollen. Allein in den vergangen Wochen sprach die Polizei im Raum Köln/Leverkusen gegen mehr als 100 mutmaßliche Mitglieder der Raserszene Fahrverbote aus. Dem Kölner Polizeipräsidenten reicht das allein nicht aus. Albers fordert die Stadt auf, nach einem Führerscheinentzug zusätzlich die charakterliche Eignung des jeweiligen Fahrers grundlegend zu überprüfen. Die Grünen fordern eine PS-Obergrenze für Fahranfänger.

(RP)
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