Zahl der Krippenkinder pro Erzieher Gütersloh an der Spitze — Solingen Schlusslicht

Düsseldorf · Experten warnen: Die Bildungschancen von Kindern in Deutschland hängen heute stark von ihrem Wohnort ab. Das zeigt auch eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Zwischen den NRW-Kreisen und kreisfreien Städten gibt es demnach große Unterschiede beim Betreuungsschlüssel. Eine Übersicht.

Wo gibt es welchen Personalschlüssel?
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Foto: dpa, abu pzi dna rho

Um wie viele Kinder sich ein Erzieher in einer Kita kümmern muss, gilt als wichtiges Qualitätsmerkmal der Kinderbetreuung. Doch der Personalschlüssel variiert in Deutschland stark nach Bundesländern. Das geht aus dem "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann-Stiftung hervor, das am Montag veröffentlicht wurde und sich auf Zahlen vom März 2016 stützt.

Dem Bericht zufolge hat sich der Personalschlüssel für Kitas in den vergangenen Jahren bundesweit zwar verbessert; die regionalen Unterschiede aber sind beträchtlich. Deutschlandweiter Spitzenreiter ist Baden-Württemberg: Hier kümmert sich in Krippen (0-3 Jahre) rein rechnerisch eine Vollzeit-Fachkraft um 3,0 ganztags betreute Kinder. Im Kindergartenbereich (3-6 Jahre) kommt eine Fachkraft auf 7,2 Kinder. Schlusslicht bei den jüngeren Kindern ist Sachsen (1 zu 6,5), bei den älteren Mecklenburg-Vorpommern (1 zu 13,7).

NRW schneidet im Vergleich schlechter ab als der bundesweite Durchschnitt: Bei Krippenkindern war 2016 ein Erzieher für 3,8 Kinder zuständig. In Kindergärten kamen bei den über Dreijährigen auf einen Erzieher 9,0 Kinder. Soweit der Landesdurchschnitt. Doch wer sich die Kreise und kreisfreien Städte genauer ansieht, stellt fest: In NRW gibt es enorme Unterschiede - die Spannweite ist im Vergleich zu anderen Bundesländern insbesondere bei Krippen groß. Eine Übersicht:

  • Sieger ist der Landkreis Gütersloh: Hier liegt der Personalschlüssel für unter Dreijährige bei 1 zu 3,3 - ganz dicht also an dem von der Stiftung empfohlenen "qualitätssichernden Personalschlüssel" von 1 zu 3,0. Auf Platz zwei folgt der Märkische Kreis mit einem Personalschlüssel von 1 zu 3,4.
  • Gut sieht es bei der Betreuung von Krippenkindern auch in Bielefeld, Bonn, Dortmund, Herne, Mettmann und der Städteregion Aachen aus: Hier kommen 3,5 Kinder auf einen Erzieher.
  • Vergleichsweise ordentlich schneiden mit einem Personalschlüssel von 1 zu 3,6 auch Borken, Euskirchen, Gelsenkirchen, Heinsberg, Münster, Paderborn sowie der Landkreis Siegen-Wittgenstein ab.
  • Dahinter im großen Mittelfeld (1 zu 3,7 - 3,9) liegen Bochum, Coesfeld, Düren, Düsseldorf, der Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Hagen, Herford, der Hochsauerlandkreis, Köln, Leverkusen, Lippe, Minden-Lübbecke, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Olpe, Recklinghausen, der Rhein-Erft-Kreis, der Rheinisch-Bergische-Kreis, Steinfurt, Unna, Viersen, Warendorf, Wesel, Wuppertal.
  • Schlechter sieht es in Hamm, im Rhein-Kreis-Neuss und in Soest aus (1 zu 4,1) aus, ebenso im Rhein-Sieg-Kreis und Duisburg (1 zu 4,2) sowie in Krefeld (1 zu 4,3).
  • Schlusslicht bei den Krippenkindern in NRW ist mit weitem Abstand Solingen: Hier liegt der Personalschlüssel bei 1 zu 4,9.

Große Unterschiede zwischen den Kreisen des Landes gibt es laut der Untersuchung auch bei der Betreuungssituation in den Kindergärten:

  1. In Bielefeld kommen 8,0 Kindergartenkinder auf eine Fachkraft - das ist das beste Ergebnis im Land und reicht am ehesten an die Empfehlung der Bertelsmann-Stiftung von 1 zu 7,5 heran.
  2. Gut sieht es auch in Lippe (1 zu 8,1), Düsseldorf und Köln (jeweils 1 zu 8,2) sowie Herne (1 zu 8,3) aus.
  3. Viele Kreise und Städte wie etwa Dortmund, Essen, Soest, der Rhein-Kreis-Neuss oder Unna liegen im Mittelfeld.
  4. Schlecht schneiden beim Kindergarten-Personalschlüssel Bottrop und Duisburg mit jeweils 1 zu 10,1 ab.
  5. Das NRW-Schlusslicht bildet der Landkreis Olpe mit bis zu 10,3 Kindern.

Für Höxter, Kleve, Bottrop, Oberhausen, Remscheid und den Oberbergischen Kreis konnten nach Angaben der Stiftung aus Gründen des Datenschutzes keine Werte angegeben werden.

Um die empfohlenen Personalschlüssel zu erreichen, müssten nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung in Nordrhein-Westfalen 15.900 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte zusätzlich eingestellt werden. Dafür bräuchte es 712 Millionen Euro jährlich mehr.

Laut einer Analyse des Westdeutschen Rundfunks, die sich auf Daten des NRW-Familienministeriums beruft, fehlen in NRW sogar insgesamt mehr als 20.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Insbesondere in den hoch verschuldeten Städten des Landes sei das ein Problem: Je höher die Pro-Kopf-Verschuldung einer Stadt, desto weniger U3-Plätze in Kitas gebe es, berichtete der WDR am Montag. Besonders deutlich zeige sich das in Oberhausen und Duisburg, wo noch nicht mal für jedes dritte Kind unter drei Jahren ein freier Kita-Platz angeboten werden könne.

(oko)
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